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Streit um AfD-Liste in SachsenParteienrechtler fordern Neuwahl

Kurz vor der letzten Landtagswahl strich die AfD einen nominierten Kandidaten. Das war illegal. Juristen sind der Meinung, dass nun die gesamte Wahl ungültig ist.

Wegen der undemokratischen Streich-Aktion gerät AfD-Chefin Frauke Petry in Bedrängnis Foto: dpa

Dresden dpa | Der Konflikt in der Sachsen-AfD um einen von der Kandidatenliste für die Landtagswahl gestrichenen Politiker muss nach Sicht des Parteirechtsexperten Martin Morlok zu Neuwahlen führen. Das Parlament sei wegen der Streichung von der Landesliste vor der Wahl 2014 „nicht verfassungsgemäß zusammengesetzt“, sagte der Düsseldorfer Jurist dem Nachrichtenmagazin Der Spiegel. „An Neuwahlen führt kein Weg vorbei“, sagte Morlok.

Die Landtagsabgeordnete der Grünen, Katja Meier, die auch Mitglied des Wahlprüfungsausschusses ist, wies die Forderung zurück. Sie sehe diese „Brisanz der Umstände“ nicht, sagte sie laut einer Mitteilung.

Der Fall beschäftigt seit zwei Jahren den Wahlprüfungsausschuss des sächsischen Landtages. Der frühere Bautzener AfD-Kreischef, Arvid Samtleben, hatte gegen die Landtagswahl vom 31. August 2014 Einspruch erhoben. Er führt die Streichung von der AfD-Liste unter anderem darauf zurück, dass er der Partei im Gegenzug für den Listenplatz kein Darlehen gewährt habe (taz berichtete). Die AfD-Spitze macht geltend, dass Samtleben kein Engagement mehr für die Partei gezeigt habe.

Nach Auffassung von Morloks Kollegin Sophie Schönberger von der Universität Konstanz hätte der Landeswahlausschuss die AfD-Liste zurückweisen müssen. Die Streichung eines gewählten Kandidaten durch den Vorstand aus politischen Gründen sei „ein klarer Verstoß gegen das Gebot innerparteilicher Demokratie“, sagte Schönberger dem Spiegel.

Die Staatsanwaltschaft Dresden ermittelt in der Sache gegen AfD-Chefin Frauke Petry wegen des Verdachts auf Meineid und uneidliche Falschaussage. Sie soll vor dem Wahlprüfungsausschuss womöglich falsche Angaben gemacht haben.

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5 Kommentare

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  • 6G
    60440 (Profil gelöscht)

    Und schon wieder Sachsen.

    Frau Petrys Einstellung zu innerparteilicher Demokratie ist hanebüchen.

    Wer ihr nicht gefällt, kann, obwohl von der Partei aufgestellt, schnell mal wieder von der Wahlliste verschwinden. Das erinnert an die Wahlvorschläge der nationalen Front. Ein solches Verständnis ist mindestens vordemokratisch.

    Dass Frau Petry im Gegensatz zu ihren politischen Mitbewerbern - überdurchschnittlich viel lügt, ist nachgewiesen. Ob sie unter Eid gelogen hat, wird sich erweisen.

    Sehr problematisch erscheint, dass der Beschwerde des übergangenen Bewerbers nicht abgeholfen und die ganze Angelegenheit seit mehr als zwei Jahren auf Eis liegt.

    Es wird somit sehenden Auges hingenommen, dass der sächsische Landtag möglicherweise verfassungswidrig zusammengesetzt ist.

    Und das ist leider mal wieder typisch sächsisch.

    Wann endlich kommt die Kavallerie und bereitet dem bösen Spuk in diesem Bundesland endlich ein Ende ?

  • "Die Staatsanwaltschaft Dresden ermittelt in der Sache gegen AfD-Chefin Frauke Petry wegen des Verdachts auf Meineid und uneidliche Falschaussage. Sie soll vor dem Wahlprüfungsausschuss womöglich falsche Angaben gemacht haben."

     

    Der Vorgang liegt nun fast zwei Jahre zurück. Die Faktenlage ist relativ schlicht. Es geht um die Beweggründe von Petri, einen Kandidaten von der Wahlliste zu sreichen. Er sagt, es war Erepressung. Sie sagt, es war mangelndes Engagement für die Partei.

     

    Wie will die Staatsanwaltschaft das weiter aufklären? Das Gehirn von Petri aufsägen und schauen was drin ist? Wenn die Faktenlage reicht, sollen sie jetzt anklagen - ansonsten das Verfahren jetzt einstellen.

     

    Alles andere ist Schikane gegenüber Petri und tatsächlich Ausdruck der Unfähigkeit der sächsischen Staatsanwaltschaft. Unfähige Staatsanwaltschaften haben wir aber nicht nur in Sachsen.

    • 6G
      60440 (Profil gelöscht)
      @A. Müllermilch:

      Es geht darum, dass Frau Petry (zur causa) von ihrem Kollegen Hütter diametral abweichende Aussagen im Wahlprüfungsausschuss des Landtages getätigt hat. Sowohl sie als auch Hütter wurden daraufhin vereidigt. Da einer von beiden somit gelogen haben muss, sind Ermittlungen angebracht.

      Meineid ist übrigens ein Verbrechen. Und wie interessierte Beobachter des politischen Geschehens wissen, nimmt Frau Petry es mit der Wahrheit erheblich weniger genau, als die von ihr kritisierte Pinocchio-Presse oder die ploitische Konkurrenz. Ebenfalls äußerst trumpesque erscheint ihre Einstellung zur innerparteilichen Demokratie ...

  • Das muss man nur richtig im Zusammenhang lesen.

    Wenn ein Mafiosi dem Don oder der Donna die geforderten Tribute verweigert, dann fehlt es doch ganz offensichtlich am "Engagement" für die Familie. Üblicherweise ist das mit einer simplen "Streichung von der Liste" auch keineswegs schon abgetan.

  • Hübsch.

     

    "… Das Parlament sei wegen der Streichung von der Landesliste vor der Wahl 2014 „nicht verfassungsgemäß zusammengesetzt“, sagte der Düsseldorfer Jurist dem Nachrichtenmagazin Der Spiegel.

    „An Neuwahlen führt kein Weg vorbei“, sagte Morlok.…"

    &

    "…Nach Auffassung von Morloks Kollegin Sophie Schönberger von der

    Universität Konstanz hätte der Landeswahlausschuss

    die AfD-Liste zurückweisen müssen. …"

    Schonn klar.

     

    Tja - aber - da schau her -

    "…Die Landtagsabgeordnete der Grünen, Katja Meier, die auch Mitglied des Wahlprüfungsausschusses ist, wies die Forderung zurück.

    Sie sehe diese „Brisanz der Umstände“ nicht, sagte sie laut einer Mitteilung.…"

     

    Nunja. Zwei Juristen - eine Meinung!;)

    Nicht nur den Umständen nach -

    Von selten einmütiger Brisanz.