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Streit um A.C.A.B.-Mütze geht weiterBonus für Drecksarbeit

Landgericht hebt Freispruch-Urteil wegen Tragens einer „A.C.A.B“-Mütze auf. Polizistin habe sich zu Recht beleidigt gefühlt.

Illegale Parkbank? Unter St.-Pauli-Fans genießt die Polizei offenbar auch keinen guten Ruf. Bild: stpaulinu.de

Das Tragen einer Mütze mit der Aufschrift „A.C.A.B.“ kann doch Geld kosten. Das Landgericht änderte am Mittwoch ein Freispruch-Urteil des Amtsgerichts gegen den „Recht auf Stadt“-Aktivsten Jonathan B. ab und verurteilte ihn wegen Polizisten-Beleidigung zu 20 Tagessätzen à 20 Euro, also 400 Euro Geldstrafe „Diese Aktionsform ist eine unzulässige Beleidigung des politischen Gegners“, sagte Landrichterin Ulrike Schönfelder.

Revision gilt als sicher

Es ist schon heute klar, dass der Fall nun in der Revision das Oberlandesgericht beschäftigten wird. Denn im Kern des Verfahrens steht eine interessante Rechtsfrage: Wo fängt eine Beleidigung an und wo ist sie von der Meinungsfreiheit gedeckt? „A.C.A.B“ steht für „All Cops Are Bastards“, zu Deutsch: „Alle Polizisten sind Bastarde“. Das Bundesverfassungsgericht wertet die Losung nur dann als Beleidigung, wenn sie gezielt gegen eine definierbare Personengruppe geäußert wird. Pauschal gegen Polizisten gerichtet sei sie hingegen von der Meinungsfreiheit gedeckt – genau wie „Soldaten sind Mörder“ oder „Wenn Schweine fliegen könnten, bräuchte die Polizei keine Hubschrauber“.

Jonathan M. hatte die Strickmütze mit den Initialen „A.C.A.B“ im vorigen Jahr auf einem Stadtteilrundgang von Gentrifizierungs-Kritikern getragen, der vom Uni-Campus durch die anliegenden Viertel ziehen sollte, um auf die Wohnungsnot der Studierenden aufmerksam zu machen. Wegen des Gerüchts, es seien Hausbesetzungen geplant, hatte die Polizei den Rundgang zur Demonstration umdefiniert und mit starken Einheiten begleitet, ohne dass ein Polizist Anstoß an der Kopfbedeckung genommen hätte. Erst als M. eine Polizeimaßnahme mit dem Handy filmte, die er für unzulässig hielt, fühlte sich Gruppenführerin der Bereitschaftspolizei, Katja L., angesprochen und beleidigt, die fernab als Raumschutz eingesetzt war. „Er hat sich aufgeregt und gesagt, das ist keine Beleidigung“, sagt Katja L. Es sei zum Wortgefecht gekommen. Bei der Personalienfeststellung habe sie dann auch noch einen „A.C.A.B“-Aufkleber auf der Personalausweis-Hülle gesehen.

Politische Demonstration

Das sei eine zweifache Beleidigung gewesen, urteilte Richterin Schönfelder. M. habe davon ausgehen müssen, dass er bei der „politischen Demonstration“ auf Polizisten stoßen würde. Die Gruppe der Polizistin L. habe sich angesprochen gefühlt, so dass nicht von einer „straffreien Kollektivbeleidigung“ auszugehen sei. Zudem habe es sich um eine Demo gegen Wohnungsleerstand gehandelt. Bei einem Protest gegen Polizeigewalt hätte man die Losung noch als „überzogene, aber hinnehmbare Kritik werten können“, in diesem Fall jedoch nicht. „Es war eine gezielte Provokation gegen Polizisten, die oft die Drecksarbeit für die Stadt machen.“

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22 Kommentare

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  • Also,- ich kannte die Bedeutung von A.C.A.B vorher nicht, bin aber auch schon etwas älter.

     

     

     

    "Cops" gibt's doch nur in Amerika - oder? Warum fühlt sich die deutsche Polizei beleidigt, wenn offensichtlich die amerikanische Polizei gemeint ist? Wird die deutsche Polizei jetzt auch schon von Amerika aus gesteuert?

  • H
    heym

    @m.s.

     

     

     

    Ihren Kommentar hätten Sie besser im Online Leserforum der Jungen Freiheit posten sollen.

     

    Dort posten übrigens viele (zumeist Männer über 50), die sich für wahnsinnig freiheitlich halten, den Begriff Freiheit selbst in seiner Gänze aber nicht verinnerlicht haben.

     

    Versuchen Sie das doch mal M.S., dann klappt's auch mit den Nachbarn.

  • A
    Altonaerin

    Was muß ich eigentlich lernen ,

     

    um Menschen nicht zu Beleidigen?

     

     

     

    Ein Polizist ist genau sowenig ein Bastard,wie ein jugendlicher Migrant ein Bastard ist.

     

     

     

    Würde der letztere so bezeichnet

     

    werden,hätten wir es ganz flott mit Rassismus zu tun.Oder?

     

     

     

    Ich Denke gleiche Rechte,für alle Menschen.

    • @Altonaerin:

      Gleiche Rechte - auch für die Armen?

  • P
    paulianer

    @m.s.

     

    es hat doch niemand bestritten das es all cops are bastards bedeuten kann, nur ist es eben keine beleidigung einer oder 2 einzellner personen sondern "beleidigt" ein komplettes weltweit agierendes kollektiv und ist somit nicht strafbar

     

     

     

    und schon garnicht in dieser situation wie sie die richterin und die staatsanwaltschaft dargestellt hat...

     

     

     

    das verfahren wirft vorallem behauptungen in den raum

     

     

     

    ein großteil der lügen kann schon vom youtube video wiederlegt werden...

  • M
    M.S.

    Man muss sich schon wundern wenn man die Kommentare z.T. hier liest.

     

    So ziemlich jeder der sich in in einem politisch motivierten Milieu bewegt, ob links oder rechts, nutzt die Kleidung und andere Möglichkeiten um seine Gesinnung oder Gedanken auszudrücken. Und daher ist er/sie sich im Klaren daürber was gewisse Kürzel, Zeichen usw. aussagen. Wenn ich diese Dinge dann öffentlich trage, muss ich mir klar darüber sein, dass Leute sie deuten können und wenn das dann auch noch der Personenkreis ist, dem diese Losung gilt, dann muss man damit rechnen, dass es eben Ärger gibt.

     

    Interessant find ich auch, dass wir gerade auf der politisch linken Seite immer wieder das Problem haben zu den Dingen die man macht auch offen zu stehen.

     

    Man fühlt sich zum Teil so überlegen ob seiner Überzeugung, dass die anderen ja alle nur verkappte Faschos oder latente Rassisten sind wenn Sie mal Grenzen aufzeigen.

     

    Einige sollten einfach mal lernen zu dem Scheiss den sie anstellen zu stehen und die Fr**se zu halten.

     

    Langsam kann man es nicht mehr hören/lesen. "ACAB=All Blacks are beuatiful" In Harlem New York vielleicht. In Deutschland nicht. Hier heisst das was anderes. Und da sollte man mal drüber nachdenken bevor man wieder den anderen den vermeintlich politischen Spiegel vorhält.

     

     

     

    Gruß,

     

    M.S. (uiuiuiui, was könnte das jetzte bedeuten?

  • H
    heym

    ich gehe auf Demos, bin auch leider schon von Polizisten geschlagen worden, ohne dass ich auch nur s Anlass zur Gewaltanwendung seitens des Beamten gegeben hätte.

     

    Fest steht auch, dass die deutschen Einsatzpolizisten im Vergleich zu denen in Südeuropa verhältnismäßig human sind. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass viel zu viele deustche Polizisten diesen Beruf nicht hätten ergreifen sollen, da sie nicht die menschliche Größe haben, mit der Macht, die ihnen gegeben wurde verantwortlich umzugehen.

     

    ACAB auf dem Käppi ist weder links noch kritisch noch emanzipatorisch sondern genau das Gegenteil von den eben erwähnten positiv zu konnotierenden Attributen.

  • T
    T.V.

    Wie ist das dann mit öffentlichen Mathematikveranstaltungen in denen die 88 als Zahl vorkommt? Dürfen die auch verboten werden?

  • BB
    Butter bei die Fische

    Dieses Urteil ist schlicht ein Akt der Rechtsbeugung. Und für dieses Urteil sollte der "Richterin" mal gehörig der Kopf gewaschen werden. Von der Rechtspflege über die Rechtsbeugung um Rechtsbruch sind es in Hamburg offensichtlich nur ein paar Tippelschritte - Ronald Barnabas lässt schön grüßen.

     

     

     

    Die Aussage "A(ll)C(ops)A(re)B(astards)" ist unstrittig nicht strafbar, weswegen das Gericht ja auch das Konstrukt der "politischen Versammlung" aus dem Hut zaubern musste. Dazu ein Staatsanwalt der mit seinem Eingangsstatement, in welchem er gleich mal seine fehlende staatsbürgerliche Bildung offenbart und Systemkritik mit Rassismus auf eine Stufe stellt, nur noch an Vertreter der NS-Justiz erinnert - Oh, Hamburg, Deine Justizbehörden sind anscheinend eine stinkende, braune Kloake.

     

     

     

    Demnächst verbieten sie dann wieder das durchgestrichene Hakenkreuz wegen der pauschalisierenden Aussage. "Am Nationalsozialismus war ja auch nicht alles schlecht" und ein Neonazi könnte sich ja "persönlich beleidigt fühlen"... nur noch zum Kotzen.

  • @KIMME

     

    Abkürzungen können diverse Bedeutungen haben, besonders dann, wenn sie von unterschiedlichen Bewegungen kommen.

     

    ACAB bedeutet in der Hip Hop Bewegung "All colors are beautiful.

     

    Nazis und Anhänger der Antifa benutzen die Abkürzung als Diskriminierung der Polizei.

     

    Solche Mützen kann man kaufen. Der Träger muss nicht zwangsläufig die Bedeutung aller Abkürzungen kennen.

     

    Es laufen auch viele Leute mit T-Shirts rum, die den Namen eines Sprayers tragen. Glauben Sie ernsthaft, dass jeder Träger den Sprayer kennt, der den Druck dieses Shirts entworfen hat?

  • P
    paulianer

    @ schietbüddel

     

    darum geht es doch in dem verfahren, dort war niemand auf dem weg zu einer demonstration, er war ein einfacher stadtteilspaziergang...

     

     

     

    das urteil ging total an dem verfahren vorbei !

     

     

     

    zudem muss man hier nochmal darauf hinweisen das der staatsanwalt allen ernstes gesagt hat:

     

     

     

    "man könne sich auf eine parkbank setzten und laut "alle farbigen sind scheisse" brüllen und würde sich nicht strafbar machen..."

     

     

     

    demendsprechend kann man sich vorstellen was da abging in dem gerichtssaal

    • @paulianer:

      Das kauft doch niemand ab. Der Verurteilte wußte genau, was er tut und was er ausdrücken möchte. Kann man zu seinen Taten nicht einmal stehen? Beim nächsten Mal halt überlegen, ob es wirklich den Witz im Freundeskreis wert ist, Menschen zu beleidigen, weil sie einen Berufsstand haben, den man aus niederen Beweggründen ablehnt -- solange man nicht froh ist, daß er einem zu Hilfe eilt.

       

       

       

      Und gibt es für die Aussage des Staatsanwaltes auch eine Quelle? Ansonsten ist sie wertlos und jeder kann nun behaupten, er wäre dort gewesen und hätte dies oder jenes gehört.

      • AC
        All Cops Are Bärtig
        @Verkehrsfritze:

        @Schietbüdel:

         

        "Menschen zu beleidigen, weil sie einen Berufsstand haben, den man aus niederen Beweggründen ablehnt"

         

         

         

        Es wird bei der Aussage ACAB aber nicht der Mensch als Person beleidigt, sondern die Funktion, die er ausübt.

         

        Wenn jmd ein Shirt anhat, wo draufsteht: "Alle Erzieher sind Scheiße", juckt mich das als Erzieher auch nicht.

         

        Das mit den "niederen Beweggründen" kommentiere ich jetzt mal nicht...

  • PP
    Philipp P

    Der Unterschied ist, dass sich die Bullen ihren Beruf aussuchen können. Hat ja nix mit Herkunft etc. zu tun.

  • H
    Hanns

    ALso die Abkürzung ACAB muss ja nicht unbedingt bedeuten "All Cops are Bastards" sie steht im englischsprachigem Umfeld auch oft für

     

     

     

    All

     

    Colors

     

    Are

     

    Beautiful

     

     

     

    und es muss ja nu keine Beleidigung gewesen sein.

    • @Hanns:

      Ja, oder "Alles Christen, alle breit" und sonstige lustige Ideen, um dann davon abzulenken. Wenn ein junger, linker, ach-so-kreativer Aktivist meint sich so plötzlich kleiden zu müssen bei einer Demonstration, weiß er sehr genau, was er tut. Er will provozieren und beleidigen.

  • K
    Kimme

    Die Aussagen „Soldaten sind Mörder“, „Wenn Schweine fliegen könnten, bräuchte die Polizei keine Hubschrauber“ und "All Cops are Bastards" sind meiner Meinung nach nicht mehr durch Meinungsfreiheit gedeckt als "Alle Juden sind Betrüger", "Ausländer sind Kriminell" und "Zigeuner leiden unter Inzucht".

     

     

     

    Alles Aussagen die verallgemeinernd und diskriminierend sind. Es kann nicht sein, dass ganze Gruppen auf Grund der Verfehlungen einzelner angefeindet werden, Alle oben genannten Aussagen sind unzulässig und nicht zu dulden.

    • BB
      Butter bei die Fische
      @Kimme:

      "Jude", "Ausländer", "Zigeuner" wird man durch Geburt.

       

       

       

      "Polizist" oder "Soldat" wird man durch persönliche Einstellung und Entscheidung.

       

       

       

      Sie sind nicht in der Lage eine politisch legitime Aussage von einer rassistischen zu unterscheiden. Aber machen sie sich nicht allzu viele Sorgen darum. Diese systematischen Denkfehler sind typische Kennzeichen der meisten latenten Rassisten und Faschisten.

      • J
        Jude
        @Butter bei die Fische:

        Das man Jude durch Geburt wird, ist mir neu...

        • N
          nticifo
          @Jude:

          Noch nie was vom "jüdischen Volk" gehört? Schön, wenn auch sie noch was dazulernen können.

    • @Kimme:

      Welche "Verfehlungen einzelner" meinen Sie konkret und warum wurden die nicht geahndet?

  • K
    karl

    Richtig so. Nicht anders als beleidigend kann das Tragen einer solchen Mütze gemeint sein.