Streit über Wechselkurse: Kleinkrieg um den Euro
Merkel und Hollande zoffen sich über den Wechselkurs ihrer Währung. Japan, die USA und selbst die Schweiz kurbeln mit günstigen Kursen den Export an.
BRÜSSEL/FRANKFURT/M. taz | Muss sich Europa auf einen Währungskrieg mit den USA und Japan einstellen? Über diese Frage ist ein Streit zwischen Deutschland, Frankreich und der Europäischen Zentralbank (EZB) entbrannt. Den Anstoß gab Frankreichs Staatschef François Hollande, der forderte, die Eurogruppe brauche eine aktive Wechselkurspolitik. Seitdem herrscht dicke Luft zwischen Paris, Berlin und Frankfurt.
In den letzten Wochen hatte der Euro im Vergleich zu fast allen wichtigen Währungen massiv zugelegt: rund 20 Prozent gegenüber dem japanischen Yen, 8 Prozent gegenüber dem britischen Pfund und 7 Prozent gegenüber dem Dollar. Dies verteuert die europäischen Exporte und macht sogar großen europäischen Konzernen wie EADS und Airbus das Leben schwer.
Zuerst hatte der frühere Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker Alarm geschlagen. Merkel reagierte jedoch erst, als auch Hollande vor einem zu starken Euro warnte. „Eine Währungszone muss eine Wechselkurspolitik haben, ansonsten wird sie mit einem Wechselkurs enden, der nicht dem wirklichen Zustand der Volkswirtschaft entspricht“, sagte er und kündigte Initiativen in der Eurogruppe und im Rahmen der G 20 an.
Merkel konterte ungewöhnlich hart. Der Euro sei nicht überbewertet, sagte ihr Sprecher, die Aufwertung zeige nur, dass Vertrauen zurückkehrt. „Wechselkurspolitik ist auch kein geeignetes Instrument, um Wettbewerbsfähigkeit zu steigern“, fügte er hinzu. Ähnlich äußerten sich Finanzminister Schäuble und deutsche Ökonomen.
Doch der französische Finanzminister Pierre Moscovici legte nach: „Wir sagen, das internationale Finanzsystem muss reformiert und stabilisiert werden“, erklärte er. Zudem streiten nun die Experten darüber, wer für den Wechselkurs eigentlich zuständig ist: die Eurogruppe, die EZB oder die Finanzmärkte, wie man in Berlin meint.
Spürbare Abwertung
Die Märkte hatten den Euro im vergangenen Jahr, auf dem Höhepunkt der Eurokrise, spürbar abgewertet, was vor allem der deutschen Exportwirtschaft zugutekam. So legten überraschend die Ausfuhren in die USA massiv zu. Mit dem aktuellen Kurs von rund 1,35 Dollar kann Deutschland auch noch gut leben; nach Schätzungen wird es für die Exporteure erst bei über 1,50 Dollar ernst.
Für italienische oder spanische Exporteure ist der Euro schon jetzt überbewertet. Italiens Premier Mario Monti fürchtet daher, dass die Krise in seinem Land künstlich verlängert wird. Sorgen bereitet den Südländern vor allem Japan, das die Geldmenge erhöht und auf eine Abwertung des Yen setzt.
Auch China, die USA und die Schweiz versuchen, ihre Währung zu drücken. Nur die Eurozone blieb passiv. Da sich Merkel und Hollande nicht einigen, ist die EZB am Zug. Deren Chef, Mario Draghi, zog es jedoch vor, zu schweigen und die Zinsen gestern auf einem historischen Tief zu lassen.
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