Streit mit den Krankenkassen: 300 Millionen Euro mehr für Ärzte
Ihre Vertreter haben gut verhandelt. Nun gibt es 300 Millionen Euro mehr für die Kassenärzte. Die Versicherer konnten sich nicht durchsetzen.
BERLIN dpa/afp | Deutschlands Kassenärzte sollen im kommenden Jahr rund 300 Millionen Euro mehr bekommen. Das hätten die Verhandlungen zwischen Krankenkassen und Ärzten am Donnerstag in Berlin ergeben, teilte die Kassenärztliche Bundesvereinigung mit.
Ausschlaggebend sei das Votum des unabhängigen Schlichters in dem Entscheidungsgremium gewesen. Die KBV forderte für die rund 150.000 niedergelassenen Ärzte und Psychotherapeuten rund 3,5 Milliarden Euro mehr. Der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) wollte die Vergütung dagegen senken, weil die Einnahmen der Ärzte stärker gestiegen seien als die Kosten der Praxen.
Die Positionen waren zuletzt auf beiden Seiten verhärtet. Die Kassenärzte begründen ihre Forderung nach einer deutlichen Einkommenssteigerung um rund elf Prozent mit einem Inflationsausgleich für die Mehrkosten in den Jahren 2008 bis 2012. Durch die stetig steigenden Betriebskosten und die Inflation gebe es einen erheblichen Investitionsstau.
Der Spitzenverband der gesetzlich Kassen lehnt die Forderungen dagegen als „völlig überzogen“ ab. Der durchschnittlich erwirtschaftete Überschuss je Arzt allein aus der Versorgung von gesetzlich Versicherten habe sich von 105.000 Euro in 2007 auf 134.000 Euro im vergangenen Jahr erhöht. Unterm Strich hätten die Ärzte in den vergangenen Jahren fast 2,2 Milliarden Euro zu viel bekommen, argumentierte der Verband mit Verweis auf eine Studie. Die Vergütung der Vertragsärzte müsse sich daher künftig wieder ihrem Aufwand anpassen.
GKV-Vizechef Johann-Magnus von Stackelberg warf den Ärzten mangelnde Verhandlungsbereitschaft vor. „Die Beitragsgelder sind nicht dazu da, einfach alle Honorarwünsche der Ärzte zu finanzieren“, sagte er der in Düsseldorf erscheinenden Rheinischen Post vom Donnerstag.
Der GKV-Spitzenverband wollte bei den Verhandlungen über die Ärztevergütung eine Absenkung des so genannten Orientierungswertes von 3,5 auf 3,25 Cent für 2013 erreichen. Das ist der bundesweit gültige Preis, mit dem die einzelnen ärztlichen Leistungen vergütet werden. Er kann regional durch Zuschläge noch erhöht werden. Zahlreiche Ärzteverbände, darunter Berufsverbände der Internisten, Kinderärzte und Hausärzte, hatten bereits Protestaktionen gegen mögliche Honorarkürzungen angedroht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
FDP stellt Wahlkampf Kampagne vor
Lindner ist das Gesicht des fulminanten Scheiterns
Partei stellt Wahlprogramm vor
Linke will Lebenshaltungskosten für viele senken
Wahlkampf-Kampagne der FDP
Liberale sind nicht zu bremsen
Greenpeace-Vorschlag
Milliardärssteuer für den Klimaschutz
Katja Wolf über die Brombeer-Koalition
„Ich musste mich nicht gegen Sahra Wagenknecht durchsetzen“
Paragraf 218 im Rechtsausschuss
CDU gegen Selbstbestimmung von Frauen