piwik no script img

Streit in der NBAZirkus im Schongang

In der NBA wird eine verlogene Debatte geführt, weil der Basketball-Star Kawhi Leonard ab und an bei den Los Angeles Clippers aussetzen darf.

Nicht im Rhythmus? Gegen seinen alten Klub traf Kawhi Leonard (r.) nicht wie gewohnt Foto: ap

K awhi Leonard hatte nicht seinen allerbesten Tag. Gerade mal zwei Körbe aus dem Spiel gelangen dem 28-Jährigen, den viele für den momentan besten Basketballspieler der Welt halten, zudem leistete er sich neun Ballverluste. Weil er aber wie gewohnt stark verteidigte und seine Teamkollegen besser trafen, schlugen die Los Angeles Clippers die Toronto Raptors dann doch noch mit 98:88.

Trotzdem war die montägliche Begegnung mehr als nur ein normales NBA-Spiel. Erstens gewann Leonard mit seinen Clippers ausgerechnet gegen den Klub, den er vor gerade mal fünf Monaten noch zum NBA-Titel geführt hatte. Und zweitens: spielte er überhaupt.

Denn darauf kann man sich dieser Tage nicht verlassen. Die LA Clippers und ihr Star haben die inoffizielle Abmachung, dass Leonard sich immer wieder freinehmen darf, um sich zu schonen. Es ist die Rede davon, dass der Flügelspieler nur knapp 60 der 82 Spiele der regulären Saison bestreiten will.

Eine Strategie, die er in der vergangenen Saison bereits in Toronto durchsetzen konnte, um optimal vorbereitet und möglichst ausgeruht und unverletzt in die Playoffs gehen zu können. Eine Strategie, die ja auch zum Erfolg führte und mit dem Titel belohnt wurde, nicht zuletzt weil sich beim Finalgegner Golden State mit Kevin Durant und Klay Thompson gleich zwei Stars während der Endspielserie verletzt hatten.

Attraktionen auf der Tribüne

Damals stand Leonard allerdings noch im fernen Kanada unter Vertrag, außerhalb des Rampenlichts. Trotzdem gab es schon damals eine Diskussion, ob man es den Fans zumuten kann, ein paar Hundert Dollar für ein NBA-Spiel auszugeben, um dann die größte Attraktion bloß im schicken Anzug auf der Bank beobachten zu dürfen. Mittlerweile spielt Leonard in Los Angeles, dem zweitgrößten TV-Markt in den USA, und entsprechend hat die Diskussion um das sogenannte Load Management Fahrt aufgenommen. Die vielen Sport-Talkshows kennen kaum noch ein anderes Thema.

Kein Freund dieser Art von Rotation ist LeBron James, den viele für den immer noch besten Basketballspieler des Planeten halten: „Wenn ich verletzt bin, dann spiele ich nicht. Wenn nicht, dann spiele ich.“ Derselben Meinung ist auch Giannis Antetokounmpo, von dem viele glauben, er könnte demnächst der beste Basketballspieler der Welt sein: „Ich will immer spielen.“ Und ein gewisser Michael Jordan, den nicht wenige für den besten Spieler aller Zeiten halten und der auch deshalb eine Berühmtheit wurde, weil er mal mit 37,7 Grad Fieber ein Finalspiel gewann, richtete Leonard aus: „Man wird für 82 Spiele bezahlt.“

Ob der anhaltenden Diskussion sorgt sich mittlerweile auch die Liga um ihren Ruf. Unlängst hat sie ein Memo an die Klubs verschickt, in dem klargestellt wird, dass Load Management nicht – wie eine Verletzung – als offizieller Grund für das Aussetzen eines Spiels geltend gemacht werden kann. Im Hauptquartier des Entertainmentbetriebs mit einem jährlichen Umsatz von mehr als sechs Milliarden Euro macht man sich Gedanken. Schließlich fehlte Kawhi Leonard ausgerechnet bei zwei Spielen, die im ganzen Land übertragen werden.

Die Diskussion ist andererseits auch bigott, denn wer schon einmal ein herzlich normales NBA-Spiel während der regulären Saison gesehen hat, weiß: Die Intensität überschaubar, richtig gekämpft wird erst in den Playoffs. Einzelne Klubs betreiben schon lange verschiedene Formen von Load Management: Die Spitzenspieler spielen so wenige Minuten wie möglich oder setzen aus wegen nicht vorhandener Verletzungen. Kawhi Leonard und die Clippers geben sich nur nicht so viel Mühe, diese Taktik zu tarnen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!