Streit in der Koalition: CDU bremst Mietbremse
SPD und CDU streiten, wie sie im Bundesrat auf einen Antrag reagieren sollen, die Höhe von Wiedervermietungen zu begrenzen
Die rot-schwarze Koalition in Berlin kann sich nicht auf eine einheitliche Haltung zur sogenannten Mietbremse einigen. Deshalb wird sich Berlin nach Informationen der taz auf der Sitzung des Bauausschusses des Bundesrats am heutigen Donnerstag bei diesem Thema enthalten.
Die rot-grüne Landesregierung in Nordrhein-Westfalen hatte einen Antrag in die Länderkammer eingebracht, nach dem nach den Bestandsmieten nun auch die Wiedervermietungsmieten gekappt werden sollen. Das Plenum des Bundesrats hatte das Thema am 7. Juni in die Ausschüsse verwiesen.
Offiziell will sich niemand aus dem rot-schwarzen Regierungslager in Berlin zum Thema äußern – es ist Wahlkampf, und das Mietenthema gilt als brisant. Genau das aber hatte Anfang Juni die rot-grüne Koalition in Düsseldorf dazu bewogen, einen Gesetzentwurf in den Bundesrat einzubringen, der ein ganzes Bündel an mieterfreundlichen Reformen zum Ziel hat. Kern des Entwurfs ist eine Kappung bei den rasant steigenden Wiedervermietungsmieten. Sie sollen künftig nicht mehr als 10 Prozent über dem Mietspiegel liegen dürfen. Bislang konnten Vermieter bei einem Mieterwechsel die Miete beliebig erhöhen.
Kaum hatte sich Angela Merkel für eine Mietpreisbremse ausgesprochen, meldete sich Bauminister Peter Ramsauer zu Wort. "Eine Mietpreisbremse darf den Neubau nicht abwürgen", so der CSU-Politiker. Was aber hat das eine mit dem anderen zu tun? Doch die sprachliche Vernebelung hatte System. Weil die Mietpreisbremse in den Medien als Bremse bei "Neuvermietungen" bezeichnet wurde, suggerierte Ramsauer, wer baue, werde künftig bestraft. Tatsächlich aber gilt die Bremse den "Wiedervermietungen". Auch die taz nennt das künftig so. So billig sollen die Vernebeler nicht davonkommen. (wera)
Willkommener Anlass für den Antrag, den auch das SPD-regierte Hamburg unterstützt, war eine Äußerung der Bundeskanzlerin. In einem Interview hatte Angela Merkel im Mai angekündigt, dass sich die CDU im Wahlprogramm dafür einsetzen werde, „dass Vermieter bei Neuvermietung nur begrenzt die Miete erhöhen dürfen“. Später räumte die Kanzlerin ein, dass sie diesen Passus von der SPD übernommen habe. SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück nannte Merkel deshalb „unglaubwürdig“.
Der CDU-Baupolitiker Matthias Brauner sagte der taz, in Berlin hätten bislang weder seine Fraktion noch der Senat über das Thema diskutiert. Allerdings sei der Vorstoß aus NRW „nicht die Mietpreisbremse der Kanzlerin“: Anders als SPD und Grüne will die CDU keine pauschale Bremse. „Das sollen die Bundesländer entscheiden“, so Brauner. „Ballungsräume sind da ganz anders betroffen als Flächenländer.“
In der Berliner SPD hingegen wird die Initiative aus NRW begrüßt. „Die Zuschläge bei Wiedervermietung sind eines der größten Probleme in Berlin. Deshalb fordert die SPD schon lange eine Kappung“, sagte die wohnungspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus, Iris Spranger, der taz. Eine Verschiebung der Verantwortung an die Länder hält sie nicht für sinnvoll. „Hier muss der Bund ein Stoppschild setzen.“
Der Senat will zunächst die Beratungen in den Ausschüssen im Bundesrat abwarten, bevor er das Thema offiziell auf die Tagesordnung setzt. Endgültig soll die Länderkammer auf ihrer Plenarsitzung am 5. Juli oder am 20. September, zwei Tage vor der Bundesratswahl, über das Thema abstimmen. Im Koalitionsvertrag haben sich SPD und CDU darauf geeinigt, dass sie sich enthalten, wenn beide Parteien keine gemeinsame Position finden.
Die Grünen werten die Uneinigkeit von SPD und CDU als vertane Chance. „Die Wiedervermietungszuschläge sind der größte Mietenmotor“, sagt ihr baupolitischer Sprecher Andreas Otto. „Wenn Merkel erst die Mietbremse ankündigt und dann die CDU bremst, zeigt das, dass sie das Ganze gar nicht ernst meint.“
Im Gegensatz zu Berlin hat Rot-Rot in Brandenburg bereits signalisiert, dem NRW-Antrag zustimmen zu wollen.
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