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Streit der WocheVersaut uns das Internet den Urlaub?

Die Fotos für Facebook schon im Hinterkopf, die Anweisungen vom Chef auf dem Smartphone. Ferien können kaum noch offline stattfinden, die Erreichbarkeit verdrängt die Erholung.

Mal so richtig entspannen? Mit Internet und Handy fast unmöglich. Bild: manun / photocase.com

Tagtäglich erleichtert das Internet als großes Gehirn jegliche geistige Arbeit. Wie praktisch, meinen viele. Andere beklagen den negativen Beigeschmack, die Informationsflut, der sich keiner entziehen kann. Und die ständige Ablenkung, die es nahezu unmöglich macht, sich länger auf dieselbe Tätigkeit zu konzentrieren.

Seit der Verbreitung der Smartphones ist das "große Gehirn" auch unterwegs immer mit dabei. Doch für viele wird das nützliche Werkzeug zur Belastung. Ständig erreichbar zu sein ist nicht nur anstrengend, sondern macht auch süchtig. Da werden viele schon nervös, wenn sie eine Stunde lang keine Mails abrufen können.

Eine Erfahrung, die auch die Journalisten Christoph Koch und Alex Rühle machten. Beide nahmen dies unabhängig von einander zum Anlass, eine Weile jeglichem Digitalen zu entsagen. Ihre Erlebnisse in sechs Monaten beziehungsweise vierzig Tagen Internet-Abstinenz haben sie in Büchern ("Ohne Netz" und "Ich bin dann mal offline") festgehalten. So ist es den beiden gelungen, ihr Leben ein wenig zu entschleunigen. Etwas, wonach sich viele sehnen.

taz

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Die Hälfte der deutschen Arbeitnehmer beantwortet im Urlaub E-Mails, hat der Software-Anbieter Symantec in einer Umfrage herausgefunden, jeder Dritte bekäme an Feiertagen dienstliche Anrufe. So verschwimmen zunehmend die Grenzen zwischen Beruflichem und Privatem. Selbst im Urlaub ist das Handy oder sogar der Laptop immer mit dabei. Jedes durchschnittliche Hotel bietet mittlerweile gratis W-Lan an, oder hat eine Internetecke in der Lobby.

Kein Wunder also, dass es immer schwerer fällt, sich selbst während der kostbaren freien Tage dem ständigen Informationsfluss zu entziehen, finden Kritiker.

Alles nicht so schlimm, meinen hingegen überzeugte "Onliner". Wen stört schon eine MMS statt der obligatorischen Postkarte? Sind doch auch schöne Bilder. Und wie fände man sonst das nette Restaurant am Meer, wenn nicht via Google-Maps? Außerdem: Wer im richtigen Umgang mit Medien geübt ist, könne doch auch von Zeit zu Zeit mal ganz selbstbestimmt abschalten.

Was meinen Sie, versaut uns das Internet den Urlaub?

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12 Kommentare

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  • A
    Annika

    Ich sehe das Problem. Deswegen sind Geräte mit UMTS für mich tabu. Würde ich mir niemals holen, eben weil ich nicht vollkommen sicher bin, ob ich mich dann "suchtartig" verhalten würde. Vermutlich nicht, aber man muss es sich ja nicht unnötig schwer machen. Und im Urlaub bleibt der Laptop zuhause oder wird nur zum Importieren und Anschauen der Digitalfotos benutzt. Das Handy nehme ich meistens mit, aber es ruft selten jemand an, und je nachdem wer es ist, gehe ich auch nicht ran. Bei meinem Chef würde ich rangehen, aber der weiß zum Glück sehr genau, was wichtig ist und was warten kann. MMS und Co kann das Gerät eh nicht, primitiver geht's gar nicht.

     

    Übrigens, weil das jemand ansprach: Für mich heißt Urlaub sehr wohl "Abstand von der Realität" im Sinne der normalen Realität mit ihren Verpflichtungen und Belastungen. Deswegen schaue oder höre ich dann auch keine Nachrichten, wenn es sich vermeiden läßt. Das Internet ist da nur Symptom - allerdings ein sehr omnipräsentes.

  • W
    wauz

    Was ist "Urlaub"?

  • P
    Philip

    Da sich jeder die Intensität der Kommunikation selbst aussucht, finde ich nicht, dass das ein Problem ist.

    Für alle, die unter Zwang handeln, haben entweder einen Vorteil davon - wie Anerkennung im Job -, oder müssen sich fragen, ob ihr Urlaub noch seinen Namen verdient und ob ihr Verhalten vielleicht bereits eine Sucht ist.

    Falls letzteres zutrifft, kann das zu ernsten gesundheitlichen Problemen führen.

    Meine Meinung ist: es kommt auf die Intensität und den eigenen Umgang mit der Verfügbarkeit des Mediums an. Wenn ich die Gedanken vom Alltag weg bekomme, ist's Urlaub, wenn nicht, bin ich in einer Zwangssituation oder sollte mir professionelle Hilfe holen.

  • V
    vic

    Wer sich für so wichtig hält, dass er nicht einmal im Urlaub abschalten kann, ist selbst schuld.

  • A
    Anita

    Ich schreibe online Tagebuch.

    Ich hab mich in meinem Urlaub jeden Abend hingesetzt und die Eindruecke des Tages zusammengefasst und niedergeschrieben.

    Klar waer ich manchmal gern einfach nur ins Bett gefallen und haette geschlafen, aber jetzt freue ich mich, dass ich mich auch nach Jahren immer wieder daran erfreuen kann.

  • BB
    Bert Blank

    Bits und Bytes/

    Gott erhalts/

     

    Das Leben in Ehren/

    Kann keiner verwehren/

     

    Im Urlaub und Daheim/

    Immer erreichbar sein/

     

    E - Mails und nervige SMS/

    Ich mach mer kann Stress!

     

    Und drum - hörts auf mein rat

    ´s Handy daheim - und ois is staad!

  • U
    Uli

    Wer so verreist, dass er online bleibt und für den Chef erreichbar - der macht keinen Urlaub. Alle Endgeräte besitzen einen Abschaltknopf, für den kleinen Urlaub zwischendurch

    Alternativ rate ich solchen Menschen zu einer Suchtklinik - oder zu der Haltung: Ich bin so wichtig, dass es niemand wagt, mich in meiner Freizeit zu belästigen

  • J
    Jürgen

    Da wäre zunächst die Frage zu klären, was ist Urlaub? Ist es das totale Abschalten des Alltags mit seinen Nachrichten, Recherchen, Kontakten, wobei es egal ist, ob dies für die Arbeit oder im privatem Leben erfolgt?

    Das Internet mit MSN und FB ist doch für viele ein Teil der Realität und wenn der Lebensunterhalt nicht als Festangestellter verdient wird, dann ist die Erreichbarkeit elementar.

    Bevor ich ins Ausland fahre, informiere ich meine Hauptauftraggeber, damit diese Verständnis dafür haben, dass bei Nachfragen sich eine Beantwortung auch mal um 2-3 Tage verzögern kann.

    Dennoch bin ich davon überzeugt, dass ich mich wirklich erhole, da das Internetcafe nur eine kurze Unterbrechung an 2-3 Tagen in der Wochen ist.

  • G
    Gesichtsbuch

    Ich bin schon immer bedient, wenn ich mal wieder in einem Artikel Facebook entdecke. Ich kann dem nichts abgewinnen....wozu auch

     

    Und Mails? Man muss auch abschalten können!

  • A
    anke

    "Uns" ist ein Personalpronomen in der 1. Person Plural. Also: nein, das Internet versaut UNS den Urlaub nicht. Ob es euch den Urlaub versaut, hängt wohl davon ab, ob ihr glaubt, ganz gewiss etwas wirklich wichtiges zu verpassen, wenn ihr mal ein paar Stunden lang nicht online seid. Eine einmalige Aufstiegschance beispielsweise, ein Lob des Chefs, eine lebensrettende Warnung oder auch nur den ganz großen Spaß. In diesen Fällen allerdings ist das Internet ganz gewiss nicht das einzige, wovon ihr euch terrorisieren lasst. Technik ist eben doch nur eine Fortsetzung unseres Ichs mit anderen Mitteln. Und wenn das Ich innen hohl ist, hilft ihm auch kein Flatrate-Highspeed-Anschluss. Dann hat es einfach nicht genügend Masse, seiner Umgebung das eine oder andere Nein entgegenzuhalten.

  • PK
    Peter Klotzt

    Naja, versauen vielleicht nicht, das wäre übertrieben, aber Ich persönlich kann mich schlecht erholen, wenn ständig irgendwelche Mails eintrudeln, eventuell sogar Berufliches. Moralische Menschen werden sich wohl kaum entsagen können, da ihr Pflichtgefühl sie überragt. Man muss nicht immer und überall dabei sein und immer alles wissen, schon gar nicht, wenn einem Bewusst ist, wieviel einem trotzdem entgeht. Den Punkt der Entschleunigung kann ich gut verstehen, wenn wir nicht aufpassen, schießen wir uns aus der Umlaufbahn.... (Aber Streit der Woche ? )

  • L
    Lina

    Wer sich genötigt fühlt im Urlaub extra Fotos für Facebook/etc. zu machen um sich dort in der gewünschten Form selbst darstellen zu können hat keine Persönlichkeit und ist so oder so nicht mehr zu retten.