Streit der Woche: Kann Obama von Merkel lernen?
Bald treten sie gemeinsam im Weißen Haus auf: Kanzlerin und US-Präsident. Libyen, Wirtschaftslage oder Atompolitik - Merkel und Obama trennt vieles. Doch bei manchem steht sie besser da.
Nächsten Montag startet Angela Merkel nach Washington, und dann soll endlich alles gut werden zwischen ihr und dem US-Präsidenten. Staatsbesuch, Staatsbankett - und die Freiheitsmedaille des Präsidenten kriegt die Kanzlerin auch noch überreicht, neben der Goldenen Ehrenmedaille des Kongresses der höchste Orden, den die USA an Zivilisten zu vergeben haben.
Zuletzt lief es nicht so gut zwischen Angela Merkel und Barack Obama. Bei der Entscheidung über die Libyen-Resolution im UN-Sicherheitsrat enthielt sich Deutschland - an der Seite von Russland und China, am Militärschlag gegen Libyen ist die Bundeswehr nicht beteiligt. Kein Wunder, dass der US-Präsident beim G 8-Gipfel vergangene Woche lieber mit anderen europäischen Regierungschefs die Köpfe zusammen steckte.
Den französischen Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy etwa lobt Obama neuerdings für sein "Leadership", was die taktierende Bundeskanzlerin nur noch schlechter aussehen lässt. Menschen durch Worte und Auftritte für ihre Politik begeistern - das konnte die CDU-Vorsitzende ohnehin noch nie. Allerdings hat sich im Jahr drei von Obamas Präsidentschaft so einiges als Strohfeuer erwiesen. Wäre ihm ein Schuss von Merkels Nüchternheit besser bekommen?
Beneiden kann Obama Merkel jedenfalls darum, wie vergleichsweise gut Deutschland unter ihrer Führung aus der Wirtschaftskrise gekommen ist. Demgegenüber dürfte der US-Präsident es schwer haben, die enorme Staatsverschuldung, ein riesiges Haushaltsloch und die hohe Arbeitslosigkeit bis zur Wahl im kommenden Jahr in den Griff zu bekommen. In den USA gilt Deutschland vielen als fortschrittlich beim Versuch, die Wirtschaft nachhaltig zu machen. Aber was davon ist Merkels Verdienst?
Völlig gegensätzlich ist die Agenda der beiden, was die Energiepolitik betrifft: Während Merkel ihre Atompolitik revidiert und international für einen Kurswechsel wirbt, setzt Obama unbeirrt auf die Kernenergie. Um die Abhängigkeit von Ölimporten zu verringern und den Ausstoß von Kohlendioxid zu reduzieren, hat seine Regierung 18,5 Milliarden US-Dollar an Kreditgarantien für den Ausbau der Kernkraft zugesagt. Merkel als Vorbild? Das sieht Obama aber anders.
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