Streit der Woche über Versuche an Affen: "Kein Mitgefühl für leidende Menschen"

Versuche an Affen sind ethisch nicht vertretbar sagt Grünenpolitikerin Renate Künast. Dagegen sieht der Bremer Neurobiologe Andreas Kreiter in der Diskussion eine Doppelmoral.

Ein Makaken-Affe, der für einen Versuch vorbereitet wird. Bild: dpa

BERLIN taz | Renate Künast, Vorsitzende der Grünen im Bundestag, fordert ein generelles Verbot von Experiemente an Primaten. "Vager Erkenntnisgewinn rechtfertigt nicht das Leid von Tieren", schreibt sie im Streit der Woche in der sonntaz. Affen seien hoch entwickelte, intelligente Tiere, die in ihrem Sozialverhalten und ihren emotionalen Bedürfnissen den Menschen sehr ähnlich sind.

Künast verurteilt in der sonntaz konkret die Affenversuche des Bremer Neurobiologen Andreas Kreiter. Diese seien "ethisch nicht vertretbar" und "ohne konkreten wissenschaftlichen Nutzen".

Kreiter experimentiert seit über zehn Jahren mit Makakenaffen. Seine Grundlagenforschung soll später etwa Epileptikern oder Parkinsonpatienten helfen. Für die Versuche werden die Affen mit im Kopf verankerten Bolzen fixiert, es werden Messelektroden ins Gehirn eingeführt, während sie Aufgaben am Computer lösen müssen.

"Versuche mit Makaken spielen eine zentrale, nicht ersetzbare Rolle für die Erforschung der Funktionsweise des Gehirns", schreibt Kreiter in der sonntaz. Man müsse sich fragen, ob ein generelles Verbot solcher Versuche ethisch zu rechtfertigen sei, "weil damit die Möglichkeit verwehrt wird, Erkrankungen des Gehirns zu heilen".

Zudem akzeptiere unsere Gesellschaft hunderttausendfach mehr Tiere für belastendere aber verzichtbare Verwendung in Sport, Freizeitvergnügen, Nahrungsmittelprodzuktion und Schädlingsbekämpfung. Kreiter spricht in diesem Zusammenhang von einer Doppelmoral.

Margot von Renesse, Vizevorsitzender der Deutschen Parkinsonvereinigung und ehemalige SPD-Bundestagsabgeordnete, ist der Meinung, dass Tierversuche prinzipiell möglich sein sollten. Wenn sie erforderlich seien, "um Heilungsmöglichkeiten für schwere Erkrankungen zu verbessern und Erkenntnisse in der Grundlagenforschung zu gewinnen, müssen Tierversuche möglich sein", schreibt sie in der sonntaz. Leider empfinde nicht jeder Tierschützer Mitgefühl für leidende Menschen.

Wolfgang Apel, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes, kritisiert Tierversuche an Affen. "Wir müssen andere Wege finden, an wissenschaftliche Erkenntnisse zu gelangen", schreibt er in der sonntaz. Für die Erforschung des menschlichen Gehirns stünden andere Methoden zur Verfügung, bei denen keine Affen gequält werden müssen. "Die Vermehrung von Wissen ist ein menschliches Kulturgut. Doch die Freiheit der Forschung endet dort, wo andere wichtige Güter verletzt werden. Ein solches Gut ist der im Grundgesetz verankerte Tierschutz."

Im Streit der Woche äußern sich zudem Matthias Kleiner, Präsident der Deutschen Forschungsgesellschaft, Norbert van Kampen, Vorsitzender der Deutschen Epilepsievereinigung, die Travestiekünstlerin Olivia Jones und Silke Bitz vom Verein Ärzte gegen Tierversuche.

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