Streit beim BSW Brandenburg: Ausgetretene Abgeordnete fordern neue Fraktionsspitze
In Brandenburger Landtag kracht es im Bündnis Sahra Wagenknecht wegen der Medienstaatsverträge. Am Freitag soll es ein Krisentreffen geben.
dpa | Die Brandenburger Landtagsfraktion des Bündnisses Sahra Wagenknecht (BSW) ringt um eine Lösung im verfahrenen Streit mit einer Gruppe von Abgeordneten. Aus der Partei ausgetretene Parlamentarier fordern zudem offen einen Wechsel an der BSW-Fraktionsspitze.
Er hoffe, dass der Fraktionsvorsitzende Niels-Olaf Lüders freiwillig zurücktrete, sagte der Abgeordnete in der BSW-Fraktion, André von Ossowski, der Deutschen Presse-Agentur. Lüders hatte angesichts der internen Querelen eine Sondersitzung der Fraktion angekündigt. Das Krisentreffen ist nach dpa-Informationen für diesen Freitag angesetzt.
Die Querelen und Parteiaustritte bringen die Koalition von SPD und BSW in Brandenburg in Bedrängnis – eine bundesweit einmalige Regierungskonstellation. Der Generalsekretär der Landes-SPD, Kurt Fischer, sagte im RBB-Inforadio: „Die Brandenburgerinnen und Brandenburger wollen eine stabile Regierung, und das geht nur, wenn in beiden Fraktionen auch Verlässlichkeit herrscht.“
Am Dienstagabend verkündeten vier BSW-Fraktionsmitglieder – Jouleen Gruhn, Melanie Matzies, von Ossowski und Reinhard Simon – ihren Parteiaustritt. Sie begründeten dies unter anderem damit, dass radikalisierte Positionen im BSW dominierten und autoritäre Tendenzen zunehmend mehr das innerparteiliche Klima prägten. Der Streit war wegen des Umgangs mit den Medienstaatsverträgen eskaliert. Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) hatte das BSW dazu aufgerufen, die Situation intern zu klären.
Nach Parteiaustritt: Wollen Koalition nicht gefährden
Wie die BSW-Führung nun mit den Kritikern umgeht, blieb ungeklärt. „Wir führen Gespräche und hoffen auf eine konstruktive Lösung“, sagte die Bundesvorsitzende Sahra Wagenknecht der dpa.
Die vier aus der Partei ausgetretenen Abgeordneten betonten, sie wollten die Koalition von SPD und BSW nicht aufs Spiel setzen. „Wir wollten ein Zeichen setzen, aber wollen in der Fraktion bleiben, um die Koalition auf gar keinen Fall zu gefährden“, sagte die Abgeordnete Matzies der dpa.
„Ich stehe ja weiter zum BSW, aber nicht zum autoritären Führungsstil“, meinte von Ossowski. Ein Rücktritt wäre „die Lösung, um ordentlich weiterarbeiten zu können“. Aus der Partei ausgetretene Abgeordnete stellten auch einen Misstrauensantrag gegen den Fraktionsvorsitzenden Lüders.
„Auch andere Meinungen zulassen“
Von Ossowski kritisierte den Fraktionschef und sagte: „Er ist nicht nur Parteisoldat und soll alle auf Linie zu bringen, er muss auch andere Meinungen zulassen.“ Der Fraktionsvorsitzende habe auch keinen guten Kontakt zu den Abgeordneten „in der Form der Kommunikation“. „Er telefoniert nicht mit uns.“
Der Abgeordnete Simon sagte dem Nordkurier: „Wir haben gemerkt, dass zu wenig über Inhalte gesprochen wird und dass das Klima in der Fraktion sehr stark bestimmt wird vom Bundesvorstand (…)“. Die Debatte um die Medienstaatsverträge habe das Fass zum Überlaufen gebracht. „Der Bundesvorstand hatte uns Landtagsabgeordneten sehr stark nahegelegt, als Fraktion einheitlich gegen die Staatsverträge zu stimmen.“
Wunschkandidat für Fraktionsspitze
Als Wunsch-Besetzung an der Fraktionsspitze nannte von Ossowski den Abgeordneten Oliver Skopec. Er soll neuer BSW-Bundesvize werden, wie jüngst bekannt wurde.
Die Fraktionsleitung spreche nicht für die Abgeordneten der Fraktion, sagte die Parlamentarierin Gruhn. Die inhaltliche Zusammenarbeit und Kompromissfindung mit dem Koalitionspartner SPD sei vernachlässigt worden: „Ich habe davon null gesehen in den letzten Wochen.“ Dem Bündnis Sahra Wagenknecht sei es wichtiger gewesen, die Medienstaatsverträge abzulehnen, als in der Regierung zu bleiben.
Die scheidende BSW-Bundesvorsitzende Wagenknecht sagte jedoch, es gebe keinen Grund, die Koalition infrage zu stellen. Sie hatte zudem kritisiert: „Ich finde es wirklich problematisch, wenn einzelne Abgeordnete hier in einer wichtigen Position – und unsere Kritik am öffentlich-rechtlichen Rundfunk ist eine wichtige Position – meinen, das müssten sie einfach anders machen, weil sie es vielleicht besser wissen.“
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