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Streit bei US-RepublikanernRyan straft Trump ab

Nach der Debatte um das sexistische Video geht der Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Paul Ryan, auf Distanz zu Trump. Es geht auch um seine eigene Macht.

Paul Ryan – ist die Präsidentschaftswahl in seinen Augen schon verloren? Foto: ap

Washington dpa | Der mächtige Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses, Paul Ryan, hat offensichtlich endgültig die Geduld mit Donald Trump verloren. Ryan habe mehreren Abgeordneten in einem Telefongespräch gesagt, er wolle Trump nicht mehr verteidigen und sich stattdessen auf die Kongresswahlen konzentrieren, berichteten US-Medien unter Berufung auf informierte Kreise. Auch Wahlkampf wolle er nicht für den Kandidaten machen, hieß es am Montag. Trump reagierte beleidigt.

„Paul Ryan sollte mehr Zeit mit einem ausgeglichenen Haushalt, Arbeitsplätzen und illegaler Einwanderung verbringen und sie nicht damit verschwenden, den republikanischen Kandidaten zu bekämpfen“, schrieb Trump im Kurznachrichtendienst Twitter.

Der 70-Jährige ist in seiner eigenen Partei weitgehend isoliert, nachdem am Freitag ein Video mit sexistischen Äußerungen aufgetaucht war. In den Aufnahmen aus dem Jahr 2005 brüstet sich der Unternehmer damit, dass er sich gegenüber Frauen alles erlauben könne.

Führende Vertreter der Republikaner zeigten sich davon entsetzt. Trump machte zwar in der TV-Debatte gegen seine demokratische Konkurrentin Hillary Clinton am Sonntagabend keine so schlechte Figur wie im ersten Duell, aber das Establishment blieb auf Distanz zu ihm.

Ryans Bemerkungen wurden in amerikanischen Medien nun so interpretiert, als habe er die Präsidentschaftswahl schon verloren gegeben. Ihm scheint es nun vor allem darum zu gehen, die republikanische Mehrheit im Kongress zu halten. Mehrere republikanische Senatoren müssen wegen Trump um ihre Wiederwahl bangen, darunter Ex-Präsidentschaftskandidat John McCain.

Die zweite Kammer des Kongresses wählt mit der Präsidentenwahl am 8. November 34 Sitze neu, die für sechs Jahre besetzt werden. Die Demokraten hoffen auf einen Doppelsieg. Sie müssten den Republikanern nur vier der zur Wahl stehenden 34 Senatorensitze abnehmen, um die Mehrheit zu haben. Dann hätten sie etwa gute Chancen, bei der Besetzung der Richterposten für den politisch enorm wichtigen Supreme Court ihre Kandidaten durchzusetzen.

Ryan ist als Vorsitzender des Repräsentantenhauses derzeit der mächtigste Republikaner. Der 46-jährige Abgeordnete aus Wisconsin haderte schon in der Vergangenheit mit Trump. Immer wieder kritisierte er ihn scharf; sprach ihm im Juni aber dennoch die Unterstützung zu. Zumindest offiziell hat er diese noch nicht zurückgenommen.

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5 Kommentare

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  • Was sich gerade in Amerika abspielt, wäre ein Drehbuch für einen Horrorfilm. Beide Seiten sind nicht überzeugend, was doch Macht in einem Menschen alles bewegen kann. Adieu Amerika!

  • Die Wall Street – das Big Money

    Die Königin des Spendensammelns Clinton steht bei vielen Wählern im Ruf, korrupt zu sein. Diesen Ruf teilt sie auch mit dem Establishment bei den Republikanern.

     

    Laut dem Center for Responsive Politics sammelte Clinton zwischen 1999 und 2016 insgesamt 620 Millionen Dollar Spendengeld für ihre Wahlkämpfe. Dabei sind drei ihrer fünf größten Geldgeber die Wall Street Banken Goldman Sachs, Citibank und JP Morgan. Im Jahr 2013 soll Clinton für drei Reden auf einer geschlossenen Veranstaltung bei Goldman Sachs 1.675.000 Dollar erhalten haben. Das zeigten ihre veröffentlichte Steuererklärung sowie Recherchen amerikanischer Medien.

     

    Das Establishment bei den Republikanern, wird durch Big Money nicht weniger mit Geld bedacht als Clinton. Wenn man davon ausgeht, dass Geld eine Rolle im US Wahlkampf spielt, dann sind die Demokraten wie die Republikanern von Big Money stark abhängig.

     

    Clintons sehr persönlichen Beziehungen zu mächtigen Wall Street Bankern wie dem "Gotteskrieger" Lloyd Blankfein, Chef von Goldman Sachs und Jamie Dimon, Chef von JP Morgan, ist hinlänglich bekannt, beide gällten ebenfalls als langjährige Unterstützer von Hillary.

     

    So ist es kein Wunder, dass nach dem angeblichen Clinton Sieg im TV-Duell die Börse gestern erleichtert regierten. Aktien von Big Money stiegen im Schnitt um 5,2% an einem Tag. Und es ist auch kein Wunder, dass der einfache Michl dieses Schurkenstück von Big Money erkannt hat und weiß, dass die Politiker nicht mehr im Dienste der Staatsbürger stehen, sondern nur noch einen Herren kennen- BIG Money!

  • Der Typ ist ein abscheulicher Opportunist! Erst gegen Trump, dann leckt er ihm den Ar... nach dessen Nominierung, und jetzt distanziert er sich wieder. Ein widerlicher Berufspolitiker einfach.

    • @Sapasapa:

      Was erwarten Sie denn, was für Leute auf dem Posten "Vorsitzender des Repräsentantenhauses" landen? Die nette alte Dame von nebenan? Ryan ist ein Berufspolitiker - genau - und hat wohl aus Parteiräson Trump unterstützt, aber jetzt hat er genug von Trump und entzieht ihm die Unterstützung. Das bedeutet, er ist lernfähig und gewillt, Fehler zumindest nicht zu wiederholen. Trump mag vielleicht kein Opportunist sein, ein grösserer Idiot als Ryan ist er allemal.

      • @Konrad Ohneland:

        Es gibt eben solche und solche nette alte Damen. Ryan ist eine, die allen eben mehr auf die Nerven gehen kann als andere.