Streik in Grossbritannien: Pensions-Verhandlungen geplatzt

Woraus sollen die Pensionen im öffentlichen Dienst berechnet werden? Regierung und Gewerkschaften konnten sich nicht einigen, nun erwartet die Briten ein 24-stündiger Streik.

Wünscht sich Eltern als Ersatz für streikende Lehrer: der britische Bildungsminister Michael Gove. Bild: reuters

DUBLIN taz | Am Donnerstag droht dem öffentlichen Leben in Grossbritannien der Stillstand: In Schulen, Universitäten, Gerichten, Häfen und Arbeitsämtern wird 24 Stunden lang gestreikt werden. Letzte Gespräche zwischen Regierung und Gewerkschaften über eine einvernehmliche Lösung sind am Montagabend gescheitert. Die Gewerkschaften kündigten weitere Arbeitsniederlegungen im Herbst an, falls die Regierung nicht einlenkt.

Streitpunkt sind die Pensionen für Angestellte im öffentlichen Dienst. Die Regierungskoalition aus Tories und Liberalen Demokraten will diese künftig nicht mehr auf Grundlage des letzten Gehalts, sondern anhand des Durchschnittsgehalts des gesamten Arbeitslebens berechnen. Außerdem sollen die Beiträge je nach Einkommen um 1,5 bis 5 Prozent erhöht werden, das Pensionsalter soll bis 2020 auf 66 Jahre steigen. Lediglich Polizisten, Soldaten und Feuerwehrleute wären davon ausgenommen.

Lord Hutton, der die Untersuchung zur Reform der Pensionen geleitet hat, sagte, aufgrund der höheren Lebenserwartung seien die bisherige Regelung nicht mehr tragbar. Darüber hinaus sei es unfair, die Pension nach dem letzten Gehalt zu berechnen, weil das die Besservedienenden bevorzuge.

Die Gewerkschaften ärgert vor allem, dass sie vor vollendete Tatsachen gestellt wurden: Die Regierung gab ihre Entscheidung bekannt, während die Verhandlungen noch liefen. Vier Gewerkschaften haben in Urabstimmungen für den Streik gestimmt. Mark Serwotka von der Gewerkschaft für Verwaltungsdienstangestellte, PCS, bezeichnete die Gespräche am Montag als Farce. Er rechnet mit 750.000 Streikenden am Donnerstag und kündigte an, dass es im Herbst Millionen sein werden, falls sich die Regierung nicht bewegen werde.

Die größte Gewerkschaft für den öffentlichen Dienst, Unison, hat dagegen erklärt, man werde die Urabstimmung auf später verschieben, weil die Gespräche hoffnungsvoll verlaufen seien und im Juli fortgesetzt werden sollen. Dabei hatte der Unison-Präsident Dave Prentis auf der Gewerkschaftstagung vor zwei Wochen noch "den größten Arbeitskampf seit dem Generalstreik von 1926" angekündigt. Das ist recht optimistisch, hat sich die Zahl der Gewerkschaftsmitglieder doch seit 1979 halbiert.

Streikrecht ohnehin verwässert

Aber auch die Tories prophezeien Chaos, weil sie die Situation nutzen wollen, um das ohnehin schon verwässerte Streikrecht weiter zu beschneiden. So will man durchsetzen, dass mindestens 40 Prozent der Gewerkschaftmitglieder für einen Streik stimmen müssen. Bisher reicht die einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Darüber hinaus will man die Gewerkschaften gesetzlich verpflichten, ein Minimum an Service während eines Streiks aufrecht zu erhalten.

Labour-Chef Ed Miliband hat den Streik derweil als "Fehler" bezeichnet. Er will sich vermutlich von dem Vorwurf befreien, von den Gewerkschaften abhängig zu sein. Deren Stimmen waren voriges Jahr ausschlaggebend, als er gegen seinen Bruder David zum Labour-Chef gewählt wurde. Nun will er den Einfluss der Gewerkschaften begrenzen. Bisher halten sie 50 Prozent der Stimmen innerhalb der Partei.

Bildungsminister Michael Gove hat sich in der aktuellen Debatte ebenfalls keine Freunde bei den Gewerkschaften gemacht. Er hat die Eltern von Schulkindern dazu aufgefordert, am Donnerstag für die streikenden Lehrer einzuspringen und den Streik zu brechen. "Ich mache mir Sorgen, dass die Lehrer durch ihre Teilnahme am Streik und ihre Verwicklung in diese Art von Militanz ein wenig an Respekt einbüßen werden", sagte er.

Mary Bousted, Chefin der moderaten Lehrergewerkschaft ATL, betonte, der anstehende Streik sei die erste Arbeitsniederlegung ihrer Gewerkschaft seit 127 Jahren. "Die Drohung, die Lehrer durch Eltern zu ersetzen, ist blödsinnig", kritisierte sie die Äußerungen Goves: "Seine Vorstellung, dass Kinder irgendeinen Nutzen daraus ziehen, wenn sie in der Schule von Babysittern betreut werden, macht die Situation nur noch schlimmer."

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