Streetworker zu Flucht und Prostitution: „So alt wie die Menschheit“
Dass auch junge Geflüchtete im Berliner Tiergarten anschaffen gehen, sei schon seit Frühjahr 2016 feststellbar, sagt Sozialarbeiter Rötten.
Laut rbb verdienen immer mehr Flüchtlinge, darunter auch Minderjährige, in Berlin Geld, indem sie Sex mit Männern haben. Im Tiergarten soll sich eine Szene entwickelt haben.
taz.am wochenende: Herr Rötten, seit wann besteht das Problem der Prostitution minderjähriger Flüchtlinge in Berlin?
Ralf Rötten: Ich widerspreche Ihnen und allen Ihren Kollegen: Wir haben ausschließlich volljährige Geflüchtete kennengelernt. Dass vermehrt auch junge Flüchtlinge anschaffen gehen, ist im Tiergarten schon seit Frühjahr 2016 feststellbar – und grundsätzlich dürfte die Verquickung der Themen Flucht und Prostitution so alt wie die Menschheit sein.
Welche Hilfe bieten Sie jungen Flüchtlingen, die sich an Sie wenden?
Ralf Rötten, Geschäftsführer von Hilfe-für-Jungs e.V., das mit dem Projekt „Subway" eine Anlaufstelle für männliche Prostituierte geschaffen hat
Im Rahmen der aufsuchenden Streetworkarbeit betreiben wir HIV-Prävention, führen Gespräche über sichere Sexualpraktiken und verteilen Kondome und Gleitgel. In unserer Anlaufstelle können die Nutzer duschen, essen, Wäsche waschen oder sich erholen und Tischtennis spielen.
Was könnte die Politik tun, um die Situation der geflüchteten Sexarbeiter zu verbessern?
Grundsätzlich braucht es viel zügigere Entscheidungen in Asylverfahren: Es geht nicht, dass die Bewerber zum Teil ein Jahr oder noch länger auf Entscheidungen warten müssen und in diesem Jahr weder Deutschkurse besuchen können, noch ein Studium, eine Ausbildung oder ein Arbeitsverhältnis anfangen dürfen. Ansonsten müssen Realitäten anerkannt werden: Es macht keinen Sinn, Länder wie Afghanistan zu sicheren Herkunftsländern zu erklären und Menschen dahin abzuschieben.