Stoiber: Wackelnde Termine
Am 30. September wird Edmund Stoiber die Staatskanzlei in München räumen. Oder vielleicht nicht? Oder doch?
D ie gute Nachricht der Woche ist: Bayern-König Edmund Stoiber wird wohl wirklich abtreten. Die schlechte ist: Es wird sich nicht viel ändern danach. Wer denkt, dass dies schon seit den wilden Tagen im Januar klar gewesen ist, der sei beruhigt: Die Verwirrung liegt nicht beim Leser oder beim Schreiber, sondern bei der bayerischen Staatspartei.
Tatsächlich hatte Edmund Stoiber am 18. Januar nachmittags erklärt, dass er sich zurückziehe zum Wohle Bayerns. Doch in den letzten Wochen zweifelten oder besser verzweifelten die Menschen in Bayern immer häufiger an Stoiber.
Macht er wieder mal einen Rückzieher, also einen Rückzieher vom Rückzieher? Stoiber setzte jedenfalls fein säuberlich ein passendes Indiz nach dem anderen in die Welt. Es begann mit seiner Selbstbeschreibung "fit und munter" am politischen Aschermittwoch. Im April reist der Ministerpräsident nach Fernost, pries den Klimaschutz, legte einen Kranz bei Ho Chi Minhs Grab nieder und ließ sich im kleinen Kreise, aber doch journalistisch gut dokumentiert, fragen: Wieso? Wieso tritt der beste aller Ministerpräsidenten denn ab?
Die Reisechoreografie wurde abgerundet durch den Kabinettsplan: Die Regierungstermine legte Stoiber so geschickt wie eigentlich unsinnig, dass Nachfolger Beckstein während Stoibers Abwesenheit nicht eine Minute Gelegenheit zum Übungsregieren bekam. Wieder zu Hause, ließ er eine - oder besser seine - "Zukunftskommission 2020" Bericht erstatten und stellte dabei klar, dass die milliardenschweren Expertenpläne auch umgesetzt werden in den kommenden 13 Jahren. Man erinnere sich, dass der König in dieser Zeit schon abgetreten sein wollte. Schließlich ein Putschplan: Die Staatskanzlei plane Stoibers Rettung, hieß es in der "Abendzeitung". Auf dem CSU-Parteitag im Herbst sollten gut gebriefte Delegierte frenetisch jubeln - und Stoiber so zum Weitermachen bewegen.
Die Story wurde von Stoiber selbst wochenlang untermauert. Nie erklärte Stoiber, wann genau Beckstein ihm nachfolgen soll. Als CSU-Fraktionschef Joachim Herrmann im April ein Datum nannte, dementierte Stoiber sogleich. Es sei, anders als berichtet, überhaupt nicht mit ihm abgestimmt gewesen. In dieser Woche startete Herrmann einen neuen Anlauf, der bis heute nicht aus der Staatskanzlei dementiert worden ist.
Am 30. September wird Stoiber ausziehen, ein neues Büro ist bereits gefunden, und am 9. Oktober darf Beckstein dann vom Innenministerium in die Staatskanzlei wechseln. Womit wir bei der schlechten Nachricht wären. Beckstein verspricht nichts, außer einem Regierungsstil der "Kontinuität". MAX HÄGLER
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