Störzeile: Willkür in Rot und Ocker
■ Ohne Hamburgs Schwarze wären die Alsterarkaden immer noch braun-weiß
Die Wände so weiß, die Schwäne so zart, das Wasser so seicht, der Himmel so blau. Und umso schneidender der Schrei. „Kitsch!“ wurde gerufen, als Wolfgang Drews mehr Weiß forderte für die Hamburger Alsterarkaden. „Postkartenidylle“, keifte es selbst aus den eigenen Reihen, als der CDU-Mann im Dezember vergangenen Jahres beim rot-grünen Senat beantragte, die Bögen am Jungfernstieg einheitlich hell zu streichen (taz berichtete). „Fehlen ja nur noch die deutschen Geranien“, mußte Drews sich anhören; welch kleinteilige Oppositionsarbeit!
Der Erfolg straft seine Gegner Lügen. Seit gestern lassen GAL und SPD streichen. Weiß glänzt, was vorher ocker war, und für Drews, den Liebhaber alter romanischer Kirchen, den Ex-Vorsitzenden des Kulturausschusses Mitte, der sich „schon seit Jahren mit diesem Schmutz beschäftigt“, für ihn ist eine Glaubensfrage entschieden.
Es geht um Original und Fälschung. Alexis de Chateauneuf baute die Arkarden schließlich in Ocker, damals, 1849. Irgendwann wurden sie weiß übergestrichen; 1993 dann, Willkür der Mächtigen, entschied der Senat, „zur Probe“ einen Bogen wieder braun zu tünchen. Nur für einen Sommer, dann wolle man sehen, welche Farbe gefalle. Der es besser wußte, sah zu, wie „eine der wenigen Schokoladenseiten Hamburgs“ in unappetitlichem Braun verharrte.
Bis auch der Senat merkte, daß „Schönheitsbegriffe sich eben ändern“. Von Ocker zu Weiß hat es sechs Jahre gedauert. Nun wartet der Mann, der die Arkaden hell machte, auf den Wandel von Rot zu Schwarz.
Judith Weber
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