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Störfall KrümmelReaktor hat fast gebrannt

Energieversorger Vattenfall sucht noch nach den Ursachen für den Störfall in Krümmel - räumt aber ein, dass der Reaktor knapp an einem Brand vorbeigeschrammt ist.

Idylle? Von wegen: Blumenwiese vor dem Pannenreaktor Krümmel. Bild: reuters

HAMBURG taz | Die Ursache für den Störfall im Atomkraftwerk Krümmel ist weiterhin unklar. "Wir prüfen intensiv", versicherte Barbara Meyer-Bukow, Sprecherin des Betreiberkonzerns Vattenfall, der taz. Zusammen mit Experten, die von der Atomaufsicht im Sozialministerium des Landes Schleswig-Holstein beauftragt wurden, werde der Atommeiler an der Elbe wenige Kilometer östlich von Hamburg unter die Lupe genommen. Krümmel war am Samstagmittag nach einem Kurzschluss in einem Transformator vom Netz genommen worden.

Dabei ist der Reaktor offenbar nur knapp an einem Brand vorbeigeschrammt. Von Vattenfall vorgelegte Fotos zeigen, dass Öl aus zwei Lecks über eine zu drei Viertel schwarze, offenbar verschmorte Seitenwand des Maschinentransformators geronnen ist. Das sei eine "offensichtliche Parallele" zu dem Trafobrand vor zwei Jahren, urteilt Greenpeace-Atomexperte Mathias Edler. Die Umweltschutzorganisation blockiert seit Montagmorgen den Eingang zum Reaktorgelände. "Geschlossen wegen Unzuverlässigkeit" steht auf einem Schild.

Krümmel ist erst am 19. Juni nach zweijährigen Reparaturen wieder in Betrieb genommen worden. Am 28. Juni 2007 war einer der beiden Transformatoren am Reaktorgebäude nach einem Kurzschluss ausgebrannt. Er konnte nur ersetzt werden, weil Vattenfall aus dem Uralt-Reaktor Brunsbüttel einen ungenutzten Reservetrafo bekommen konnte. Der Bau eines neuen Trafos würde, so Vattenfall-Sprecher Ivo Banek seinerzeit, "mindestens eineinhalb Jahre dauern". Sollte der jetzt beschädigte zweite Alt-Trafo unbrauchbar sein, müsste der Konzern erneut einen langwierigen Stillstand des Meilers hinnehmen.

Zugleich bestätigte Meyer-Bukow, dass mindestens ein defektes Brennelement erhöhte Radioaktivität abgegeben habe. Nach bisherigen Erkenntnissen stehe das jedoch "in keinem Zusammenhang" mit dem Störfall. Während der zweijährigen Reparaturen waren die 840 Brennstäbe im Reaktorkern erneuert worden - warum nach nur zwei Betriebswochen ein Defekt aufgetreten ist, "wissen wir nicht", so die Vattenfall-Sprecherin. Die ausgetretene Strahlung sei aber "nicht nach außen gedrungen", sondern ins Reaktorwasser abgegeben worden.

Wann Krümmel wieder angefahren werden könnte, ist derweil vollkommen unklar. Vattenfall-Sprecherin Meyer-Bukow möchte derzeit "lieber keine Terminvorstellung" nennen.

SVEN-MICHAEL VEIT

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7 Kommentare

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  • G
    Gantenbein

    Also, das muß ich aber auch sagen: Man braucht kein Elektriker zu sein, um einen Trafo von einem Reaktor zu unterscheiden. Das sollte ein TAZ-Redakteur gerade noch hinkriegen (wollen).

    An einer (falschen) Dramatisierung der Ereignisse kann uns nicht gelegen sein, denn die Störfall-Parade aktuell in Krümmel führt die ganze zynische, industrielle Sicherheitsideologie in kleinen Schritten nachhaltig und anschaulich ad absurdum.

     

    1. In Krümmel ist eigentlich immer was Wichtiges kaputt.

    2. Sie können es auch mit viel viel Geld nicht vernünftig reparieren. Ich weiß noch, wie sie vor 20 Jahren sämtliche Dampfleitungen in Krümmel für Hunderte Millionen D-Mark ausgetauscht haben - und dennoch strotzte die Bude bei der nächsten Untersuchung nur so von Rissen und gefährlichen Korrosionsschäden in genau den erneuerten Leitungen.

    3. Sie halten nicht mal kleinste, technische Zusagen gegenüber den Aufsichtsbehörden ein.

    4. Jede Würstchenbude hat ein geringeres Betriebsrisiko als das Atomkraftwerk Krümmel.

    5. Wenn das AKW in Sichtweite Kiels läge, hätten Sie es schon längst dicht gemacht oder gar nicht erst genehmigt. Aber Krümmel ist gefühlt von Kiel soweit wie München, da fühlt man sich noch soo sicher. Dummheit und Zynismus führen hier Regie !

  • B
    BOSwell

    @ Jens: Wenn im Nachbarhaus im Erdgeschß eine Pfanne auf einem Herd mit heißem Fett fast anfängt zu brennen und in der 3. Etage ein Dutzend Benzinkanister lagern, dann ist es nicht so völlig übertrieben zu sagen: Das Nachbarhaus hat fast gebrannt. Und wenn die Bewohner dort eine Pfanne auf demselben Herd schon zum zweiten Mal in relativ kurzer Zeit fast zu einem Feuer werden lassen, ist eine scharfe Kritik dieser Leute durchaus angebracht. Auch die Benzinkanister sollte man dann vielleicht aus dem Haus schleunigst entfernen ... zumindest solange diese Leute drin wohnen - ja, natürlich hinkt jeder Vergleich, aber ich denke, die Pointe ist klar.

  • K
    Karl

    Der Titel ist tatsächlich indiskutabel!, besser wäre gewesen:

     

    Umformer hat 30 Jahr gehalten! Das bei solchen Bränden, die für den nuklearen Teil der Anlage unbedeutend sind, veritable Mengen halogenierter PCB´s und Dioxine freigesetzt werden können wird dann mangels naturwiss. Hintergrund garnicht erwähnt?

     

    Das war echt unwürdig!

     

    Glück auf!

    Karl

  • B
    Björn

    Oh Mann, taz, wollt ihr die Bild vom Niveau eurer Schlagzeilen unterbieten?

     

    Mal ganz abgesehen davon, dass ihr hier von einem Foto (!) darauf schließt, das der Trafo kurz vor der Selbstentzündung stand (was ist denn das für ein genialer Experte?!), dann auch noch einen Trafo und den Reaktor gleichzusetzen, das ist schon nicht mal mehr peinlich.

     

    Weiter so, LinksBILD, mit solchen Übertreibungen schafft ihr es, dass die Anti-Atom-Seite bald als komplett von Tatsachen losgelöst dasteht und nicht mehr ernst genommen wird!

  • B
    Beobachter

    Der Reaktor hat beinahe gebrannt?

     

    der Titel läßt sich nur erklären, wenn man Transformatoren und Reaktoren für das Gleiche hält.

     

    Oh Oh. Auch mitten in Städten stehen etliche Reaktoren (=Transformatoren).

  • HN
    Hannes Nagel

    "Trafo hat fast gebrannt" ist ja nun beinah das selbe wie "Reaktor hat fast gebrannt", oder? Ein Stoerfall ist das natuerlich trotzdem, nur um einige Groessenordnungen weniger spektakulaer/wahlkampftauglich/gefaehrlich/...

  • J
    Jens

    "Reaktor hat fast gebrannt"

    --->>> IST DIE TAZ JETZT VÖLLIGST DURCHGEDREHT?!

     

    Sind Euch solche Propaganda-Überschriften nicht peinlich!