Störche in Brandenburg: Die Wessis sind schon da

Früher als sonst sind die ersten Störche zurück und brüten. In den letzten Jahren sind die Bedingungen für sie hier aber immer schwieriger geworden.

Ein Storch fliegt durch die Luft in Nahaufnahme

Nestbauer im Anflug: Ein Storch bei der Arbeit Foto: dpa

Vom Winter ist in diesem Winter gar nicht zu sprechen – viel zu warm war er und eigentlich auch gar nicht wirklich da.

Und nicht nur wir Menschen empfinden das so, auch vielen im Sommer in Brandenburg heimischen Störchen scheint der Winter nicht der Rede wert gewesen zu sein. Einige Paare sind seit einigen Tagen bereits zurück an ihren Brutstätten in Bad Freienwalde, Lübbenau und Kremmen und nehmen ihre naturgemäße Aufgabe wahr: Es wird munter geklappert und gepaart. Und: „Wir rechnen schon bald mit den ersten Eiern“, erklärt ein Sprecher des Weißstorch-Informationszentrums in Vetschau im Kreis Oberspreewald-Lausitz südöstlich von Berlin.

Allerdings handelt es sich bei diesen brandenburgischen Frühbrütern um eine besondere Gruppe der störchischen Migranten: Es sind Wessis. Die Ossis unter den Weißstörchen lassen sich ein bisschen mehr Zeit mit dem Zurückkommen. Vorurteile wären indes fehl am Platz: Die Ossis sind keinesfalls fauler als die Wessis; sie reisen einfach anders. Mehr so über den Ostblock.

Und das kommt so: Die Wessis fliegen im Herbst nach Spanien und überwintern dort, „Westzieher“ nennt sie Bernd Ludwig, Storchenexperte des Naturschutzbundes Brandenburg (Nabu).

Die meisten Störche, die den Sommer in Brandenburg verbringen, fliegen laut Ludwig im Herbst hingegen über den Bosporus nach Afrika. „Sie überwintern vor allem in Äthiopien, Sudan und dem Tschad und sind noch nicht zurück.“ Die Ossis bilden die Mehrzahl der Brandenburger Storchenpaare – die „Zugscheide“, so Ludwig, verläuft etwa entlang der Elbe.

Auf den großen Feldern mit Monokulturen fehlen jene Tiere, die Störche zum Fressen gern haben: Frösche, Mäuse und Insekten.

Leider ist die Route über Länder wie den Libanon und Ägypten die gefährlichere. Viele Tiere würden dort einfach aus Lust und Laune erschossen, sagt der 80-jährige Storchenexperte, der sich bereits seit Jahrzehnten mit den Weißstörchen beschäftigt. Das sei ein Grund, warum die Zahl der Horstpaare in der Mark in den letzten Jahren gesunken sei: 2014 waren es noch 1.424, im vergangenen Jahr lediglich noch 1.189. Seit Jahren ist der Weißstorch auf der Roten Liste gefährdeter Tiere Deutschlands als vom Aussterben bedrohte Art verzeichnet.

Es mangelt an Futter

Ein weiterer Grund für den Rückgang: Es mangelt an Futter. Auf den großen Feldern mit Monokulturen aus Getreide und den Energiepflanzen Raps und Mais fehlten jene Tiere, die Störche zum Fressen gern haben: Frösche, Mäuse und Insekten. „Eigentlich finden sie nur noch in den Flussniederungen von Elbe, Havel und Spree ausreichend Nahrung“, sagt Ludwig.

Sind die Jahre so regenarm wie die zwei vergangenen, trocknen auch die Altarme der Flüsse aus – mit verheerenden Folgen für das Nahrungsangebot. Deswegen überleben weniger Jungtiere: Nur noch 1,4 bis 1,7 Störche werden im Schnitt pro Nest flügge, zu wenig, um die Population zu erhalten.

In Berlin gibt es seit Jahren übrigens höchstens drei Paare: 2019 lebten sie am Stadtrand in Lichtenberg und Pankow. Sie pendeln zur Futtersuche nach Brandenburg und gehören offenbar zu den Ossis: Zumindest jene aus Pankow sind noch nicht wieder da.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.