Stipendiantin ohne Interview: Sie brauchte nur Ruhe

Für die Stipendiatin kamen die Corona-Regeln wie gerufen – sie verließ die Wohnung nur selten. Dort begann sie, ein Buch zu schreiben.

Ruhe ist für die StipendiantInnen des Refugium oft das größte Geschenk. Bild: dpa

Zuweilen ist die Angst so groß, dass man sich am Liebsten in einer Ecke verkriechen und nie wieder auftauchen möchte. Angst frisst die Seele auf, nicht nur die Angst um das eigene Leben, sondern auch die um das der Familie.

Die taz Panter Stiftung und Reporter ohne Grenzen haben in den vergangenen fünf Jahren immer wieder bedrohte und bedrängte JournalistInnen aus vielen Ländern dieser Welt für drei Monate nach Berlin eingeladen. Sie sollten die Gelegenheit erhalten, sich zu erholen – und zugleich für eine Weile aus dem Blickfeld ihrer Verfolger zu verschwinden. Viele der Auszeit-StipendiatInnen schauten sich Berlin an, trafen sich mit KollegInnen, besuchten Museen, bildeten sich weiter, berichteten auf Podien über ihre Lage und über ihr Land.

Für sie kamen die Corona-Regeln wie gerufen

Nicht so unser letzter Gast: Sie brauchte nur Ruhe. Sie verließ nur selten die von uns gestellte Wohnung, wies bis fast zum Ende ihres Aufenthalts Vorschläge für gemeinsame Unternehmungen ab. Statt dessen begann sie, ein Buch über ihre Erfahrungen zu schreiben. Unsere Befürchtungen, die Corona-Vorschriften könnten das ganze Vorhaben gefährden, erwiesen sich als voreilig. Für die Kollegin kamen die Corona-Regeln wie gerufen.

Sie nahm uns das Versprechen ab, ihren Namen nicht zu erwähnen, das übliche Interview zum Schluss des Aufenthalts lehnte sie freundlich, aber bestimmt ab. Sie wollte aus Furcht vor weiteren Bedrohungen auf keinen Fall in der Öffentlichkeit auftauchen. Nicht einmal ihr Herkunftsland sollten wir nennen.

Belassen wir es dabei: Sie ist eine mutige Journalistin, sie wurde für ihre investigative Arbeit mit Preisen ausgezeichnet. Sie hat in einem europäischen Land einen Korruptionsskandal aufgedeckt, in dem örtliche Polizisten mit guten Verbindungen in höchste Kreise verwickelt waren. Mehrfach wurde sie danach bedroht, körperlich angegriffen und verletzt. Seither ist sie psychisch sehr angestrengt.

Helfen Sie, die Last zu mildern und den Rücken zu stärken

Während sie sich in Berlin abschottete, gelang es unserem Team, einen guten Kontakt zu ihr aufzubauen. Ihr Fall zeigt – wieder einmal - wie wichtig und sinnvoll das Auszeit-Programm ist. Angriffe auf Journalisten häufen sich. Die Mächtigen wehren sich gegen kritische Stories und bedrohen Alltag und Existenz der BerichterstatterInnen, die ihnen auf die Finger klopfen.

Die taz Panter Stiftung und Reporter ohne Grenzen versuchen, die Last zu mildern und den KollegInnen den Rücken zu stärken. Die bleiben drei Monate in Berlin, erhalten ein Taschengeld und, wenn notwendig, psychologische Betreuung. JournalistInnen leben oft für viele Jahre in großer Unsicherheit. Viele brauchen dringend eine Pause. Sie, liebe Spenderinnen und Spender, machen mit Ihrem Geld dieses Programm möglich. Bitte helfen Sie uns, den KollegInnen weiter zur Seite zu stehen.