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Stillstand gibt es nicht

■ Nach Herzogs Rede rühmt die Bonner Koalition ihre Reformvorhaben

Bonn (taz) – Die Rede von Bundespräsident Roman Herzog hat die CDU offenbar erschreckt. In einer eilig am Montag und für den gleichen Tag anberaumten Pressekonferenz berichteten CDU/CSU- Fraktionschef Wolfgang Schäuble und CSU-Landesgruppenchef Michael Glos, was die Koalition in jüngster Zeit für schöne Reformen auf den Weg gebracht hat. Von Stillstand könne daher keine Rede sein, sagte Schäuble, ohne sich dabei auf den Bundespräsidenten zu beziehen.

Kaum einer wisse, so Schäuble, wie reformfreudig die Regierung wirklich sei. Es handle sich dabei offenbar um ein Informationsdefizit. Schäuble vermied es aber, die Medien direkt dafür anzugreifen, daß sie für die 4,7 Millionen Arbeitslosen verantwortlich sind.

Schäuble erinnerte noch einmal an die Segnungen der vergangenen Monate. Als wenn nicht ganz Deutschland ständig und jeden Tag davon profitieren würde, daß die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall gekürzt, der Kündigungsschutz gelockert, die Vermögenssteuer abgeschafft worden ist. Und als würden sich nicht schon alle riesig auf die Absenkung des Soli- Beitrages um zwei Prozent 1998 freuen, die dazu führt, daß auch Selbständige und Beamte entlastet werden, während von einer Senkung der Lohnnebenkosten vor allem die Arbeitnehmer und indirekt die Arbeitslosen profitieren würden.

Schäuble belegte die Reformfähigkeit der Regierung zudem mit den Plänen zur Steuerreform, von denen nun erst einmal ungewiß ist, ob sie realisiert werden, weil die Verhandlungen mit der SPD jüngst gescheitert sind. Ferner vermeldete Schäuble stolz, daß die Koalition immer noch unverdrossen versuche, die Gewerbekapitalsteuer abzuschaffen. Auf eine einzige Frage wollte Schäuble keine Antwort geben: ob SPD-Chef Oskar Lafontaine absichtlich den Aufschwung verhinderen wolle, um die Wahl zu gewinnen. Schäuble hatte die Frage allerdings selbst gestellt. Markus Franz

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