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Stiftung Warentest empfiehlt Öko-HähnchenMassenhaltung schmeckt nicht besser

Industrielle Mäster hätten den "Blick für die Würde der Tiere" verloren, urteilt die Stiftung Warentest. Der Geschmack hochgezüchteter Masthähnchen sei zudem nicht besser.

"Blick für die Würde der Tiere verloren"? Groß-Mastanlage im brandenburgischen Bestensee. Bild: ap

BERLIN taz | Wer fertig abgepackte Hähnchenbrustfilets mit gutem Geschmack aus vergleichsweise tierfreundlicher Produktion essen will, muss laut Stiftung Warentest Bio kaufen. "Nur Bioanbieter engagieren sich für den Tierschutz", heißt es in der Oktober-Ausgabe der Zeitschrift test. In deren Qualitätsanalyse, in der es um Kriterien wie Geschmack, Schadstoffe und Keime ging, bekamen zwei Ökomarken die Spitzennote "gut": "Naturkind" der Supermarktkette Kaisers Tengelmann und "biofam" von Rewe. Zehn der insgesamt 19 untersuchten Produkte erhielten schlechtere Urteile.

Gleichauf mit den beiden Biomarken lagen die konventionellen "Landjunker" von Lidl und "Premium-Frischgeflügel" von Netto. In Sachen Tierschutz bescheinigten die Tester den Lieferanten der Discounter, den Firmen Emsland Frischgeflügel und Stolle, aber nur gute "Ansätze".

Der Test der einflussreichen Stiftung, die zu 16 Prozent von der Bundesregierung finanziert wird, ist politisch brisant. Denn die Lidl- und Netto-Partner planen hunderte neue Hühnerfabriken. Emsland etwa baut Europas größten Geflügelschlachthof im niedersächsischen Dorf Wietze, für den 400 neue Mastanlagen für je 40.000 Hühner vorgesehen sind. Tierschützer verurteilen diese industrielle Massentierhaltung als Quälerei.

Auch test schreibt nun, dass die Industrie "den Blick für die Würde der Tiere verloren" habe. Die Muskeln der hochgezüchteten Hühner wüchsen in riesigen Ställen so schnell, dass die Tiere Schmerzen litten. Biobetriebe dagegen setzten langsamer wachsende Rassen ein, böten den Hühnern Auslauf und brächten maximal 4.800 Tiere in einem Stall unter. Während in der konventionellen Haltung oft bis zu 25 Tiere pro Quadratmeter lebten, seien es in der ökologischen nur bis zu 10.

Dieser größere Aufwand hat allerdings auch seinen Preis: Eine 200-Gramm-Portion Biofleisch kostet den Verbraucher mindestens dreimal so viel wie der eine Euro für die konventionelle Variante.

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10 Kommentare

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  • B
    breka

    Industrieprodukte hatten noch nie was mit "Würde" zu tun, schon gar nicht mit der des Tierkörpers.

    Die Industrialisierung ist die Entwürdigung des Tieres schlechthin. Ließen sich Hühnerkörper in Würfelform züchten, wären sie nur billiger, nicht besser.

    Genauso ist es mit Bio-Hühnern.

     

    Die Grausamkeit liegt in der industriellen Verwertung allen Lebens. Gäbe es einen Ethikbeirat in der deutschen Industrie, so müßte die gesamte Tierproduktion längst verboten sein, denn die Würde des Tieres ist unantastbar.

  • B
    Bettina0204

    Weniger Fleisch essen! Dann kann man sich den höheren Preis auch leisten.

  • A
    Antonietta

    Größer - schneller - billiger:

    Unter diesem Motto der Agrarindustrie leiden heute rund 150 Mill. Nutztiere in deutschen Ställen. Ob Schwein, Rind, oder Legehenne, ob Pute, Kaninchen oder Ente - sie werden verstümmelt, in enge Ställe oder Käfige gepfercht und mit Medikamenten vollgepumpt. Auf der Strecke bleiben nicht nur das Wohl der Tiere und ihre artgemäße Haltung, sondern auch Qualität, Geschmack und die gesundheitliche Unbedenklichkeit der Produkte.

    Mediziner warnen seit Jahren die Verbraucher vor Medikamentenanreicherungen in Fleisch, Milchprodukten und Eiern. Es gilt als gesichert, daß Antibiotikaanreicherungen im Fleisch, speziell im Schweinefleisch, die Hauptursache für die hochbrisante Antibiotikaresistenz beim Menschen sind. Immer mehr Menschen sprechen selbst auf hohe Antibiotikadosen nicht mehr an.

  • HB
    Hein Blöd

    10 Tiere auf einen Quadratmeter? das soll "ökologisch" sein?

  • E
    EnzoAduro

    Nur damit jeder es versteht: Wenn die Tiere langsamer wachsen, dann heist dass das Sie länger leben. Also auch mehr essen. Das ist das Essen was am Ende den Menschen in Haiti fehlt. Auch wenn man das Futter aus der Region kauft. Denn sonst würde es ja aus der Region wegtransportiert.

     

    Das einzige gute ist vielleicht das Biofleich so teuer ist das man sich nur wenig von leisten kann und so weniger Fleisch isst.

    Aber da kann man dann auch ein konventionelles Fleisch kaufen und an Haiti spenden.

     

    Das wäre doch mal eine Aktion des Humanismusses: konventionelles Fleisch kaufen und die Differenz zu diesem Ökokram an arme Menschen spenden.

     

    Denn wer das Leid von Tieren mehr achtet wie das von Menschen der sollte echt noch mal über seine Ethik nachdenken.

  • E
    EnzoAduro

    Ökohähnchen verbrauchen VIEL mehr Landwirtschaftsfläche. Aber OK wer das tolle leben von den Gockelding über hungernde Kiner in Afrika stellt, soll das machen...

  • C
    Celsus

    Noch gesünder und gleichzeitig tierfreundlicher wäre es alelrdings, eine Ernährung zu empfehlen, die möglichst weitgehend vegetarisch ist. Wie immer bei Empfehlungen müsste dann jedeTR selbst wissen, was sie oder er daraus macht.

  • HM
    Henry Miller

    Zehn Tiere pro qm klingt jetzt auch gar nicht so wenig...

  • T
    Terese

    Diese abartige Massentierhaltung muss endlich ein Ende nehmen!

    Und nicht noch weiter ausgebaut werden!

    Wie kann es sein, dass dies immer noch von der Gesellschaft verdrängt und von der Politik unterstützt wird?

    Massentierhaltung ist umweltschädlicher als Autofahren.

     

    Eine intelligente Gesellschaft sollte endlich eine Wende herbei führen;

    leider wird das Thema kollektiv verdrängt.

     

    Diese abartige grausame Tierquälerei darf nicht mehr zugelassen und durch den Kauf billigen Fleisches unterstützt werden.

     

    Bremen hat zB einen fleischlosen Tag eingeführt.

    Das ist toll und ein guter Anfang die Gesellschaft wieder an die absurde Massentierhaltung hinter verschlossenen Türen zu erinnern.

     

    So kann, so darf es nicht weitergehen!

  • D
    denninger

    Müsste die Überschrift nicht lauten:"Bio schmeckt nicht besser"?