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Stiftung Drogentest

Der Rechtsstreit um Drugchecking geht in die nächste Runde  ■   Von Martin Kaluza

Biertrinker haben es bekanntermaßen besser als Kiffer. Nicht nur, dass ihre Droge legal ist. Ein Jahrhunderte altes Reinheitsgebot sichert außerdem die einwandfreie Qualität des Stoffs. Anders bei den illegalen Drogen: Was wirklich drin ist in Pillen, Hasch und Pülverchen, lässt sich oft nur erahnen. Weil es auf dem illegalen Markt keine rechte Kontrolle gibt, wird immer wieder gestreckt, gepanscht und verschnitten, was das Zeug hält.

Drogentests dienen als Kontrollinstanz

1995 und 1996 konnten Ecstasykonsumenten ihre Pillen anonym an eine Postfachadresse des Berliner Vereins „Eve & Rave“ schicken, der sie im Gerichtsmedizinischen Institut der Charité auf ihre Inhaltsstoffe testen ließ und die Ergebnisse in Flyern veröffentlichte. Dem schob die Staatsanwaltschaft im Oktober 1996 einen Riegel vor. Die Überbringer, die die eingeschickten Tabletten damals vom Postfach in die Charité brachten, wurden des unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln beschuldigt.

Doch damit kam die Staatsanwaltschaft nicht durch. Zunächst lehnte es das Landgericht Tiergarten im Juni 1998 ab, das Verfahren aufzunehmen. Die dagegen eingelegte Beschwerde der Staatsanwaltschaft wurde schließlich am 1. März diesen Jahres von der 6. Strafkammer des Landgerichtes Berlin als unbegründet verworfen. Damit herrscht Rechtssicherheit: Dass Drugchecking wie in Berlin betrieben wurde, war legal, und eine Arbeitsgemeinschaft um die damaligen Initiatoren will die Tests jetzt wieder in Gang bringen.

Viele Pillen hatten sich damals als gestreckt oder verunreinigt erwiesen, die Dosierungen schwankten stark, und häufig waren andere Drogen beigemischt. Es stellte sich heraus, dass Ecstasy kein „Markenprodukt“ war. Helmut Ahrens, Soziologe und Initiator der Tests, erinnert sich: „Wir haben allein fünf verschiedene Zusammensetzungen der Pille mit dem Motiv ,Taube‘ vorgefunden.“ Eine Gefahr für User, die eine niedrige Dosierung gewohnt sind und arglos stärker konzentrierte Pillen einwerfen. Schon wenige Wochen nach Beginn der Aktion habe sich die Qualität der Proben merklich gebessert: Das Projekt war auf dem Wege, sich als Kontrollinstanz zu etablieren.

Obwohl der Test von Haschisch und Marihuana von den Drogentestern eher als Nebensache betrachtet wurde, hat Ahrens ein steigendes Interesse ausgemacht: „Wir haben uns noch nicht viel damit beschäftigt, aber ich sehe, dass der Cannabistest ein Thema ist, das kommt.“ Auch bei Haschisch haben Konsumenten starke Schwankungen beim Rauschmittelgehalt festgestellt. Außerdem ist in der Szene bekannt, dass anfangs noch reinem Haschisch von Zwischenhändlern regelmäßig gemahlenes Heu und andere Streckmittel beigemischt werden. Über Benzol oder Diesel, das beim Schmuggeln in Fahrzeugtanks in die Haschischplatten gelangt, und über Rückstände von Pflanzenschutzmitteln gibt es bislang überhaupt keine Untersuchungen.

Faktisch werden die Untersuchungen blockiert

Vor allem das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) ist weiterhin strikt gegen jede Form des Drugchecking. Das BfArM ist dafür zuständig, den Instituten Genehmigungen zu erteilen, die Rauschmittel untersuchen wollen. Zwar ist das Überbringen von Drogen zu Forschungszwecken nach der Entscheidung des Landgerichts legal, wenn ein Zugriff Dritter ausgeschlossen bleibt, aber über die Kontrolle der Forschungsgenehmigungen wird der Drogentest praktisch verhindert.

Jürgen Kunkel, der seinerzeit ebenfalls als Drugchecker beschuldigt wurde, erklärt: „Das entspricht nicht unserer Rechtsauffassung. Wir wollen demnächst dagegen klagen.“

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