Stichwahl in Ägypten: Aussetzung des Urnengangs gefordert
Politische Gruppen fordern, dass vor der Wahl erst der Status der Kandidatur von Mubarak-Intimus Schafik geklärt werden müsse. Ein Präsidentschaftsrat soll eingerichtet werden.
KAIRO afp/dpa/taz | Anderthalb Wochen vor der Stichwahl um das Präsidentenamt in Ägypten sind Rufe nach einer Aussetzung des Urnengangs laut geworden. In einer Erklärung forderten mehrere politische Gruppierungen sowie Jugendbewegungen und drei ausgeschiedene Kandidaten, die zweite Runde am 16. und 17. Juni aufzuschieben, bis das Verfassungsgericht des Landes über ein Gesetz entschieden hat, das Verantwortlichen der Ära des gestürzten Präsidenten Husni Mubarak eine Kandidatur für ranghohe Ämter des Landes untersagen soll.
In der Stichwahl stehen sich Mohammed Morsi von den Muslimbrüdern und der Exregierungschef Ahmed Schafik gegenüber. Schafik war der letzte Ministerpräsident unter Mubarak. Viele Ägypter fürchten, dass mit Schafik das alte Regime an die Macht zurückkehren könnte.
Das ägyptische Parlament hatte im April ein Gesetz angenommen, das früheren Regierungschefs, Präsidenten, Vizepräsidenten, Mitgliedern des Politbüros und Chefs der inzwischen aufgelösten Mubarak-Partei PND für die nächsten zehn Jahre keine politischen Rechte gewährt.
Der regierende Militärrat ratifizierte das Gesetz, was dazu führte, dass Schafiks Präsidentschaftskandidatur von der Wahlkommission zunächst für ungültig erklärt wurde. Das Gremium ließ aber einen Einspruch von Schafik zu und beauftragte das Gericht, die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes zu prüfen.
Drei der elf Kandidaten, die in der ersten Runde der Präsidentschaftswahl ausgeschieden waren, erklärten in der Nacht zum Dienstag vor Anhängern auf dem Tahrir-Platz in Kairo, sie wollten keinen der Bewerber unterstützen, die bei der Stichwahl am 16. und 17. Juni antreten.
Der „Wahlzirkus“ solle beendet werden, erklärten der linke Aktivist Hamdien Sabbahi, der unabhängige Islamist Abdul Moneim Abul Futuh und der Favorit der „Revolutionäre“, Chalid Ali.
Die drei gescheiterten Kandidaten forderten die Einrichtung eines „Präsidentschaftsrates“. Sabbahi sagte: „Revolutionsgerichte“ sollten Expräsident Husni Mubarak und alle korrupten Funktionäre des alten Regimes verurteilen.
Wenige Stunden später marschierten wieder Hunderte von Demonstranten durch die Innenstadt von Kairo, um die „Durchsetzung der Ziele der Revolution“ zu fordern.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Krise bei Volkswagen
1.000 Befristete müssen gehen
Wahlprogramm der Union
Scharfe Asylpolitik und Steuersenkungen
Scholz stellt Vertrauensfrage
Traut mir nicht
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was
Künftige US-Regierung
Donald Trumps Gruselkabinett