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Steuerprivilegien in Deutschland"Dienstwagen sind Trendsetter"

Der Finanzwissenschaftler Hans-Jochen Luhmann ist dafür, die Vergünstigungen für Dienstwagen zu kappen - um den Autobauern auf die Sprünge zu helfen.

Um wen geht es bei Dienstwagen vor allem? Autos von Volkswagen und Audi! Bild: ap

taz: Herr Luhmann, Umweltminister Sigmar Gabriel will die Absetzbarkeit des Dienstwagens an der EU-Zielmarke für den CO2-Ausstoß ausrichten. Es könnten dann nur noch so viel Spritkosten von der Steuer abgesetzt werden, wie ein Auto mit einem CO2-Ausstoß von 140 Gramm auf den Kilometer verursacht. Gute Idee?

Bild: taz

HANS-JOCHEN LUHMANN, 61, Mathematiker und Finanzwissenschaftler, ist Projektleiter für Zukünftige Energie- und Mobilitätsstrukturen am Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie.

Hans-Jochen Luhmann: Das ist eine gute Idee, denn es ist der Einstieg in das, was wir brauchen: Wir müssen unsere Konsummuster ändern. Die Dienstwagen sind Trendsetter am Automarkt - hier einzugreifen wird auch den Privatkonsum verändern.

Und die Anschaffungskosten?

Die müssten selbstverständlich auch einbezogen werden. Das Steuerrecht begünstigt die Gesamtaufwendungen für den Dienstwagen, also müssen wir auch bei den Gesamtaufwendungen ansetzen. Es ist illegitim, nicht notwendige Aufwendungen steuerlich zu begünstigen. Das Fahren von Spritschluckern ist nicht notwendig.

Viele Steuerrechtler sagen, der Staat dürfe dem Unternehmer nicht vorschreiben, wie er seinen Gewinn erzielt. Wenn der Makler nur im Porsche ernst genommen wird …

Der Staat hat immer solche Grenzen der Absetzbarkeit definiert. Geschäftsfreunde auf Segeljachten oder auf Jagdhütten mitzunehmen ist auch nicht mehr von der Steuer absetzbar.

Sie haben errechnet, dass der Staat 2,5 Milliarden Euro pro Jahr gewinnen würde, wenn man die Abzugsfähigkeit der Spritkosten am EU-Zielwert von 140 Gramm ausrichtet. Haben Sie ein Einzelbeispiel?

Der Porsche Cayenne Turbo S kostet 98.000 Euro, stößt 378 Gramm CO2 aus und verbraucht 17 Liter auf 100 Kilometer. So entstehen steuerlich relevante Kosten von gut 22.000 Euro jährlich. Zahlt der Fahrer den Grenzsteuersatz von 40 Prozent, trägt der Steuerzahler davon 9.000 Euro. Würde der Hochverbrauch zum Privatvergnügen erklärt und gälte die Grenze von 140 Gramm, würde der Staat 6.000 Euro an diesem Auto pro Jahr sparen.

Einige Sozialdemokraten schlagen vor, mit den 2,5 Milliarden Euro die Pendlerpauschale zu bezahlen. Gute Idee?

Das wäre die Flucht vor der eigenen Courage. Die Pendlerpauschale ist ein Populismusthema. Wenn man meint, sie deshalb neu gestalten zu müssen, muss man sie ebenfalls unter Effizienzkriterien stellen.

Viele EU-Staaten erheben für große Autos extra Zulassungssteuern. Wäre das eine Alternative für Deutschland?

Nein. Die hohen Zulassungssteuern sind das Mittel von Staaten, die keine eigene Autoindustrie haben. Die EU aber will zu Recht eine Vereinheitlichung der Kfz-Besteuerung. Dazu würde das Gesamtvolumen der verschiedenen Kfz-Steuern in Europa nach einheitlicher Methode umgelegt - und nach Effizienzkriterien ausgelegt. Ein Bonus-Malus-System würde Niedrigverbraucher belohnen, Hochverbraucher bestrafen.

Die Union will gerade wegen der Ölpreise jede weitere Belastung der Mittelständler ausschließen.

Die Konzentration ungerechtfertigter Begünstigungen auf den Dienstwagenbereich dient dazu, die Absetzbarkeit der übertrieben großen Pkws in Deutschland zu fördern. Das hat zu einer Fehlentwicklung geführt. Nun muss man aber der Automobilindustrie helfen, aus dieser zukunftslosen Marktecke wieder herauszukommen. Natürlich sollten Sonderregeln für Gärtnereibetriebe oder Förstereien möglich bleiben.

Branchenkenner sagen, die Unternehmen würden ihre Firmenflotten eh schon ökologisch an den Ölpreis anpassen.

Die Flottenbetreiber brauchen verlässliche Rahmenbedingungen. Verlässlich ist das, was der Staat macht - der Ölpreis kann auch wieder kippen. Wir haben es hier mit einem Machtkampf zwischen Politik und Automobilindustrie zu tun. Die Politik zeigt: Wir tragen eure Tendenz zum Hochverbrauchfahrzeug nicht mehr mit, die Automobilindustrie hält dagegen. Dann braucht es eben Maßnahmen.

INTERVIEW: ULRIKE WINKELMANN

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