Steuereinnahmen in Deutschland: Schäuble prasst mit „Disziplin“
Der Finanzminister will für die Jahre 2016 bis 2018 zehn Milliarden Euro mehr ausgeben. Steuerschätzer erwarten 21 Milliarden Euro weniger Einnahmen.
BERLIN rtr | Die Bundesregierung will ihre Investitionen deutlich hochfahren. In den nächsten Jahren solle es zusätzliche Ausgaben von rund zehn Milliarden Euro geben, sagte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble am Donnerstag bei der Vorlage der Steuerschätzung in Berlin. Diese Mittel wolle man ab 2016 bis 2018 bereitstellen.
Schäuble ließ offen, wo er das Geld her nehmen will. Er betonte aber, es werde Spielräume dafür geben, wenn man in den nächsten Jahren „strikte Ausgabendisziplin“ einhalte. Die zusätzlichen Investitionen seien mit Bundeskanzlerin Angela Merkel und Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel abgestimmt. Konkret unterlegen werde man dies im Haushalt ab 2016.
Zugleich ergab die Steuerschätzung, dass die aktuelle Konjunkturflaute ab 2015 auf die Steuereinnahmen von Bund, Ländern, Gemeinden und EU durchschlägt. Im kommenden Jahr dürfte der Fiskus demnach 6,4 Milliarden Euro weniger in der Kasse haben als gedacht. Bis einschließlich 2018 sagen die Steuerschätzer dem Gesamtstaat 20,9 Milliarden Euro weniger Einnahmen voraus als bei der vorigen Prognose im Mai.
Damit dürfte auch die „schwarze Null“ im Bundeshaushalt für die große Koalition schwerer zu erreichen sein. Erstmals seit 1969 wollen Union und SPD 2015 keine neuen Schulden mehr machen. Schäuble betonte aber, im nächsten Jahr sei die schwarze Null sehr wohl zu schaffen. „Die öffentlichen Haushalte in Deutschland verfügen über eine solide Einnahmebasis, um die wichtigen Zukunftsinvestitionen für unser Land zu finanzieren.“ Die Steuereinnahmen würden von rund 641 Milliarden Euro in diesem Jahr bis 2019 auf gut 760 Milliarden Euro steigen, fügte der Minister hinzu.
Der Arbeitskreis Steuerschätzung hatte seit Dienstag in Wismar getagt. Jeden Herbst sagt der Beirat beim Bundesfinanzministerium die Einnahmen für das laufende und die kommenden fünf Jahre voraus. Dass der Expertenkreis mit geringeren Einnahmen rechnet als noch im Frühjahr, liegt vor allem an den eingetrübten Konjunkturerwartungen.
So hatte die Bundesregierung ihre BIP-Prognosen für dieses und das kommende Jahr um jeweils rund einen halben Punkt auf 1,2 Prozent und 1,3 Prozent zurückgeschraubt. Stimmungskiller ist vor allem die Ukraine-Krise, wegen der Sanktionen gegen Russland verhängt worden waren. Der drohende Handelskrieg verunsichert viele Unternehmen, die deshalb ihre Investitionen aufschieben.
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