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SteuerabkommenDie Schweiz will nun doch verhandeln

Wende nach dem Scheitern des Steuerabkommens mit Deutschland: Die Schweizer Finanzministerin und Bundespräsidentin will reden.

Müde Käsewitze in Berlin. Bild: dapd

ZÜRICH taz | Nach dem endgültigen Scheitern des Steuerabkommens mit der Schweiz signalisiert die Regierung in Bern entgegen ihrer bisherigen Haltung Verhandlungsbereitschaft über einen neuen Vertrag. Zugleich wurde bekannt, dass neben den beiden Großbanken UBS und Credit Suisse auch kleinere Kantonalbanken zumindest in der Vergangenheit aktive Beihilfe zur kriminellen Steuerflucht deutscher StaatsbürgerInnen geleistet haben.

In der Nacht zum Donnerstag hatte der Vermittlungsausschuss das vom Bundestag angenommene, vom Bundesrat aber abgelehnte Steuerabkommen mit der Mehrheit seiner 19 Mitglieder von SPD,Grünen und Linkspartei endgültig beerdigt. Für das Abkommen votierten die zehn VertreterInnen von CDU/CSU und FDP.

Am Donnerstag schloss die Schweizer Finanzministerin und amtierende Bundespräsidentin Eveline Widmer-Schlumpf neue Verhandlungen nicht mehr aus: „Wir sind Nachbarn, da suchen wir nach Lösungen.“ Auch die Regierungen mehrerer EU-Staaten fordern Vereinbarungen mit der Schweiz, die bisherige Steuerflüchtige nicht belohnen und mithilfe eines automatischen Informationsaustauschs zwischen den Finanzbehörden Steuerflucht verlässlich verhindern.

Der Druck auf die Schweiz, sich auf diese Forderungen einzulassen, dürfte weiter wachsen, nachdem vor zwei Tagen auch die aktive Mittäterschaft von Kantonalbanken an der kriminellen Steuerflucht aus Deutschland bekannt geworden ist.

200.000 Euro fürs Nummernkonto

In einem vom Zürcher Tagesanzeiger publik gemachten Fall hatten sich Anfang Dezember der damalige Chef des Private-Banking-Ablegers der Basler Kantonalbank, Hans Ringger, und ein auf Stiftungskonstrukte spezialisierter Zürcher Steueranwalt mit einer deutschen Modeschöpferin zum Essen getroffen. Am Ende des Essens übergab die Modeschöpferin Ringger 200.000 Euro in bar, die dieser auf ein Nummernkonto bei der Basler Kantonalbank einzahlte.

Die Bank räumte ein, es sei „in der Vergangenheit in Einzelfällen zu derartigen Transaktionen gekommen“. Andere Kantonalbanken in der Deutschschweiz sollen jedoch ähnliche Transaktionen für deutsche Steuerhinterzieher durchgeführt haben.

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1 Kommentar

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  • RM
    Romolo MOLO

    Offener Brief an die schweizerischen Bundesbehörden

    Als beinah einziger unter den marktwirtschaftlich organisierten Industriestaaten mit Mehrparteiensystem bietet die Schweiz Arbeitnehmern, welchen aus antigewerkschaftlichen Gründen gekündigt wird, keinen wirksamen Schutz. Bereits im November 2006 hatte der Ausschuss für Vereinigungsfreiheit …der internationalen Arbeitsorganisation IAO/ILO die schweizerische Regierung eingeladen, „Maßnahmen mit dem Ziel zu ergreifen, Gewerkschaftsvertretern, welchen aus gewerkschaftsfeindlichen Gründen gekündigt wurde, einen gleichgearteten Schutz zu gewähren wie den aus Gründen der Geschlechterdiskriminierung missbräuchlich entlassenen Personen, einschließlich der Möglichkeit einer Wiedereinstellung ...“ Der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) hatte … 2003 eine Klage beim Ausschuss für Vereinigungsfreiheit eingereicht.... Die schweizerische Gesetzgebung ist bis heute unverändert geblieben. Die Unterzeichnenden fordern also die Bundesbehörden auf, dieser Verletzung internationalen Rechts ein Ende zu setzen und den ArbeitnehmerInnenvertretern endlich einen den ILO-Übereinkommen Nr. 87 und 98 gemäßen Schutz zu gewähren. .. Letzteres Übereinkommen gehört zu den sogenannten fundamentalen Rechten und Prinzipien bei der Arbeit, welche neben der Vereinigungsfreiheit und der effektiven Anerkennung des Rechts zu Kollektivverhandlungen die Beseitigung aller Formen von Zwangs- oder Pflichtarbeit, die effektive Abschaffung der Kinderarbeit und die Beseitigung der Diskriminierung in Beschäftigung und Beruf umfassen. Die Schweiz, welche sich in Handels- und Steuerfragen so bereitwillig auf internationales Recht beruft, hat dieses besonders dort zu beachten, wo es um die Rechte und die Würde von Millionen Lohnabhängigen geht... ErstunterzeichnerInnen : Schweiz: Peter BODENMANN, Jurist Marina CAROBBIO, Nationalrätin Luc RECORDON, Rechtsanwalt, Ständerat; Deutschland : Thomas BLANKE, Professor für Arbeitsrecht i. R., Universität Oldenburg Wolfgang DÄUBLER, Professor für Deutsches und Europäisches Arbeitsrecht, Bürgerliches Recht und Wirtschaftsrecht, Universität Bremen; Frankreich : Antoine LYON-CAEN, Professor für Arbeitsrecht an der Universität Paris-Ouest Nanterre La Défense, directeur de la Revue de droit du travail, Cyril WOLMARK, Rechtsprofessor, Lyon