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Sterbehilfe in DeutschlandPassiv, indirekt oder auf Verlangen?

Anders als in Italien ist hierzulande passive Sterbehilfe erlaubt. Ärzte und Juristen klagen über ungenaue Gesetze.

Nicht exakt geregelt: Sterbehilfe in Deutschland. Bild: ap

BERLIN taz Ginge es beim Fall der italienischen Komapatientin nach deutschem Recht, wäre die Sache ziemlich klar: Eluana Englaro dürfte sterben. Denn hierzulande gilt bei todkranken oder dauerhaft bewusstlosen Patienten der Verzicht auf lebensverlängernde Maßnahmen, beispielsweise künstliche Beatmung, als passive Sterbehilfe. Und die ist in Deutschland, anders als in Italien, gesetzlich erlaubt.

Die Regelung wirkt auf den ersten Blick eindeutig: Die Beihilfe zum Suizid ist hierzulande nicht strafbar, die Tötung auf Verlangen hingegen schon. Doch in der Praxis erweisen sich die gesetzlichen Definitionen immer wieder als zu vage.

Erlaubt ist in Deutschland neben der passiven die indirekte Sterbehilfe. Von ihr ist die Rede, wenn die ärztlich gebotene, schmerzlindernde Verabreichung von Medikamenten an Todkranke als unbeabsichtigte Nebenfolge den Tod des Patienten beschleunigen kann. Nicht strafbar ist auch die Hilfe zur Selbsttötung: Solange der Patient das tödliche Medikament selbst und aus freiem Willen einnimmt, bleibt der Helfer ohne Strafe. Ein Sonderfall ist der Suizid, bei dem ein Arzt mitgeholfen hat. Wenn ein Mediziner bei der Beschaffung einer tödlichen Arznei assistiert, gilt dies hierzulande noch immer als unvereinbar mit dem Berufsethos.

In Deutschland ist die Tötung auf Verlangen des Kranken verboten. Hat der "Täter" auf ernstes und ausdrückliches Verlangen des Betroffenen gehandelt, wird dies jedoch strafmildernd berücksichtigt. Auch in Italien ist Tötung auf Verlangen verboten, in Belgien und den Niederlanden hingegen erlaubt.

Immer wieder klagen Ärzte und Juristen, es fehlten klare gesetzliche Regelungen, wie mit Menschen in ihrer letzten Lebensphase umzugehen sei. Hilfe versprechen sich Parlamentarier von einem Gesetz zu Patientenverfügungen. Mit ihnen können Menschen festlegen, welche medizinische Behandlung sie sich wünschen, sollten sie sich nicht selbst mitteilen können. Nach langem Streit konkurrieren im Bundestag nun drei fraktionsübergreifende Gesetzentwürfe zu Patientenverfügungen. Bislang zeichnet sich keine Stimmenmehrheit für einen der drei Anträge ab, im April stimmen die Parlamentarier darüber ab.

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9 Kommentare

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  • DT
    Der T.

    Ich selbst bin seit 30 Jahren Diabetiker (Typ 1), habe 1999 die Schilddrüse komplett entfernt bekommen (Morbus Basedow mit den dazu gehörenden "kosmetischen" Beeinträchtigungen) und sitze seit 3,5 Jahren nach einem Verkehrsunfall querschnittgelähmt im Rollstuhl (BWK 4). Trotzdem denke ich nicht im Geringsten daran, mir (zB. mit Insulin, was sehr einfach wäre) den "Gnadenschuss" zu geben, auch wenn es (> das Leben!) manchmal wirklich schwer ist.

    ABER!

    Ich kenne einen (damals) 23ig-jährigen (aus dem Krankenhaus nach meinem Unfall), der halswirbelgelähmt nachts an der Atemmaschine hängend nur noch die Augen bewegen konnte und verzweifelt nach oben (in Richtung Augen) geblasen hat wenn er im Sommer schwitzend im Bett lag (als hochgelähmter ging das mit dem Schwitzen auch nur noch oberhalb der Lähmungshöhe). Der hatte mit den anderen aus dem KH auch nur mal Sichtkontakt, wenn er mit seinem Bett zu irgendeiner Untersuchung über den Flur geschoben wurde.

    Gegen ihn bin ich priviligiert !

    Es entzieht sich meiner Kenntnis, ob der arme Kerl noch Spass am Leben hat oder vielleicht doch lieber sanft, ohne Schmerzen und mit der Liebe seiner Angehörigen in Würde sterben will, weil er halt sonst keine Chance mehr hat.

    Jedenfalls sollte er gefälligst mit dem dazu notwendigen Ernst darüber befragt werden und seine Entscheidung dem entsprechend umgesetzt werden.

    ER SELBST HAT DAZU NÄMLICH KEINE CHANCE MEHR, ER IST AUF GEDEIH UND VERDERB SEINER UMWELT AUSGELIEFERT !

    Was ich in diesem Zusammenhang ÜBERHAUPT NICHT ertragen kann, ist das Klugscheissergeschwätz von irgendwelchen Politikern, Klerikern oder sonstigen, gesunden, die herum lamentieren bei einer Erkältung oder wenn sie mal zum Zahnarzt müssen, sich aber ansonsten wichtig machen bei Sachverhalten, über die sie weder einen Überblick und - noch wesentlich weniger - ein Recht darüber zu entscheiden, haben.

    Am Schlimmsten ist für mich Berlusconi, der sein billiges politischen Spiel über die Würde einer Komapatientin treibt.

  • M
    Martin

    Jeder der gegen Sterbehilfe ist, solle sich folgendes Szenario durchdenken:

    Nach einem unverschuldeten Autounfall ist man durch die schweren Verletzungen gelähmt und blind.

    Ein Dreißigjähriger darf dann rund 40 Jahre lang auf seinen Tod herbeisehnen. Das ist schlimmer als im Fritzl-Keller.

     

    Mißbrauch ist ein Problem, steht aber angesichts des Leids vieler hintenan. Man kann z.B. fordern, daß bei jeder Sterbehilfe zwei Richter unabhängig den Fall prüfen und persönlich dabei sind. Damit wäre das meiste ausgeschlossen.

  • DT
    Der T.

    Ich selbst bin seit 30 Jahren Diabetiker (Typ 1), habe 1999 die Schilddrüse komplett entfernt bekommen (Morbus Basedow mit den dazu gehörenden "kosmetischen" Beeinträchtigungen) und sitze seit 3,5 Jahren nach einem Verkehrsunfall querschnittgelähmt im Rollstuhl (BWK 4). Trotzdem denke ich nicht im Geringsten daran, mir (zB. mit Insulin, was sehr einfach wäre) den "Gnadenschuss" zu geben, auch wenn es (> das Leben!) manchmal wirklich schwer ist.

    ABER!

    Ich kenne einen (damals) 23ig-jährigen (aus dem Krankenhaus nach meinem Unfall), der halswirbelgelähmt nachts an der Atemmaschine hängend nur noch die Augen bewegen konnte und verzweifelt nach oben (in Richtung Augen) geblasen hat wenn er im Sommer schwitzend im Bett lag (als hochgelähmter ging das mit dem Schwitzen auch nur noch oberhalb der Lähmungshöhe). Der hatte mit den anderen aus dem KH auch nur mal Sichtkontakt, wenn er mit seinem Bett zu irgendeiner Untersuchung über den Flur geschoben wurde.

    Gegen ihn bin ich priviligiert !

    Es entzieht sich meiner Kenntnis, ob der arme Kerl noch Spass am Leben hat oder vielleicht doch lieber sanft, ohne Schmerzen und mit der Liebe seiner Angehörigen in Würde sterben will, weil er halt sonst keine Chance mehr hat.

    Jedenfalls sollte er gefälligst mit dem dazu notwendigen Ernst darüber befragt werden und seine Entscheidung dem entsprechend umgesetzt werden.

    ER SELBST HAT DAZU NÄMLICH KEINE CHANCE MEHR, ER IST AUF GEDEIH UND VERDERB SEINER UMWELT AUSGELIEFERT !

    Was ich in diesem Zusammenhang ÜBERHAUPT NICHT ertragen kann, ist das Klugscheissergeschwätz von irgendwelchen Politikern, Klerikern oder sonstigen, gesunden, die herum lamentieren bei einer Erkältung oder wenn sie mal zum Zahnarzt müssen, sich aber ansonsten wichtig machen bei Sachverhalten, über die sie weder einen Überblick und - noch wesentlich weniger - ein Recht darüber zu entscheiden, haben.

    Am Schlimmsten ist für mich Berlusconi, der sein billiges politischen Spiel über die Würde einer Komapatientin treibt.

  • M
    Martin

    Jeder der gegen Sterbehilfe ist, solle sich folgendes Szenario durchdenken:

    Nach einem unverschuldeten Autounfall ist man durch die schweren Verletzungen gelähmt und blind.

    Ein Dreißigjähriger darf dann rund 40 Jahre lang auf seinen Tod herbeisehnen. Das ist schlimmer als im Fritzl-Keller.

     

    Mißbrauch ist ein Problem, steht aber angesichts des Leids vieler hintenan. Man kann z.B. fordern, daß bei jeder Sterbehilfe zwei Richter unabhängig den Fall prüfen und persönlich dabei sind. Damit wäre das meiste ausgeschlossen.

  • L
    Luisa

    Auch ich bin für die aktive Sterbehilfe.

    Meine Großmutter liegt momentan im Krankenhaus weil sie Blutkrebs im Endstadium hat. Krank ist sie schon seit langem aber seit nun etwa 4 Monaten ist es sehr schlimm. Der Krebs hat bereits all ihre Organe befallen und die Ärzte sagen, dass ihr Tod selbst mit Chemotherapie, bestenfalls noch 4 Monate hinausgezögert werden kann. Meien Großmutter ist noch sehr klar mit Kopf und hat bereits Chemotherapien bei Angehörigen miterleben müssen. Von Anfang an war ihr klar, dass sie soetwas nicht möchte. Sie sagt sie sei alt und bereit zu sterben, da für sie die schlimmste Vorstellung ist irgendwann die Kontrolle über ihren Körper zu verlieren und auf andere angwiesen zu sein. Nun hatte sie vor einigen Tagen einen Anfall und Wasser in der Lunge, seither zittert sie ohne Unterlass und kann nicht mehr sprechen. Wieso gibt es kein Gesetz, das die aktive Sterbehilfe erlaubt? Jeder weiss, dass diese Frau sterben wird und es gibt nichtmal ein Medikament, dass der Frau in den letzten Montan, ihr Leid nehmen könnte. Also liegt sie und leidet und wartet dass man sie endlich erlösen möge. Ich finde das abscheulich!

  • SP
    Samantha Porz

    Also, ich denke es ist eine gute idde Sterbehilfe leisten zu können!

    Ich bin immer mehr bestürtzt wenn ich höre wie andere schlecht über die Sterbehilfe reden.

    Wenn man davon mal absieht, was die Menschen die sich das wirklich wünschen für schmerzen oder Qualen haben und erleiden müssen!!! Ich finde jeder hat das Recht selbst zu entscheiden, (wenn er tod krank ist) ob er dem ein ende setzt oder nicht.

    Ich bin 19 jahre alt, und habe einen tod kranken Vater, der sich immer mehr durch sein leben quelen muss, er hat jeden Tag schmerzen im ganzen Körper. Und an manchen Tagen ist es sogar so schlimm das er sich kaum bewegen kann. Die Ärtzte sagten dass er jeden Tag einfach sterben könnte, halten ihn aber trozdem mit tableten am leben. Er hat einen seltene Krankheit, die nur wenige Menschen haben, sie heist Polycythaemia vera. Da frage ich mich ob man ihm das antuen muss? Wenn jemand etwas mehr weiß über diese Krankheit, was nicht auch schon im netz zu finden ist, der soll mir doch bitte mehr infos geben!

  • GH
    Georg Horn

    Ihren Kommentar hier eingeben

     

    Jeder Mensch sollte das Recht haben bei aussichtslosem

    Weiterleben,in Würde sterben zu können.

    Das unnötige Gesabbel der sogenannten Moralisten ist

    dabei völlig überflüssig, die übrigens im Kriegsfalle

    o.ä. nicht mehr zu hören sind.(wie das kommt?)

     

    gez. Georg Horn

  • DT
    Der T.

    Ich selbst bin seit 30 Jahren Diabetiker (Typ 1), habe 1999 die Schilddrüse komplett entfernt bekommen (Morbus Basedow mit den dazu gehörenden "kosmetischen" Beeinträchtigungen) und sitze seit 3,5 Jahren nach einem Verkehrsunfall querschnittgelähmt im Rollstuhl (BWK 4). Trotzdem denke ich nicht im Geringsten daran, mir (zB. mit Insulin, was sehr einfach wäre) den "Gnadenschuss" zu geben, auch wenn es (> das Leben!) manchmal wirklich schwer ist.

    ABER!

    Ich kenne einen (damals) 23ig-jährigen (aus dem Krankenhaus nach meinem Unfall), der halswirbelgelähmt nachts an der Atemmaschine hängend nur noch die Augen bewegen konnte und verzweifelt nach oben (in Richtung Augen) geblasen hat wenn er im Sommer schwitzend im Bett lag (als hochgelähmter ging das mit dem Schwitzen auch nur noch oberhalb der Lähmungshöhe). Der hatte mit den anderen aus dem KH auch nur mal Sichtkontakt, wenn er mit seinem Bett zu irgendeiner Untersuchung über den Flur geschoben wurde.

    Gegen ihn bin ich priviligiert !

    Es entzieht sich meiner Kenntnis, ob der arme Kerl noch Spass am Leben hat oder vielleicht doch lieber sanft, ohne Schmerzen und mit der Liebe seiner Angehörigen in Würde sterben will, weil er halt sonst keine Chance mehr hat.

    Jedenfalls sollte er gefälligst mit dem dazu notwendigen Ernst darüber befragt werden und seine Entscheidung dem entsprechend umgesetzt werden.

    ER SELBST HAT DAZU NÄMLICH KEINE CHANCE MEHR, ER IST AUF GEDEIH UND VERDERB SEINER UMWELT AUSGELIEFERT !

    Was ich in diesem Zusammenhang ÜBERHAUPT NICHT ertragen kann, ist das Klugscheissergeschwätz von irgendwelchen Politikern, Klerikern oder sonstigen, gesunden, die herum lamentieren bei einer Erkältung oder wenn sie mal zum Zahnarzt müssen, sich aber ansonsten wichtig machen bei Sachverhalten, über die sie weder einen Überblick und - noch wesentlich weniger - ein Recht darüber zu entscheiden, haben.

    Am Schlimmsten ist für mich Berlusconi, der sein billiges politischen Spiel über die Würde einer Komapatientin treibt.

  • M
    Martin

    Jeder der gegen Sterbehilfe ist, solle sich folgendes Szenario durchdenken:

    Nach einem unverschuldeten Autounfall ist man durch die schweren Verletzungen gelähmt und blind.

    Ein Dreißigjähriger darf dann rund 40 Jahre lang auf seinen Tod herbeisehnen. Das ist schlimmer als im Fritzl-Keller.

     

    Mißbrauch ist ein Problem, steht aber angesichts des Leids vieler hintenan. Man kann z.B. fordern, daß bei jeder Sterbehilfe zwei Richter unabhängig den Fall prüfen und persönlich dabei sind. Damit wäre das meiste ausgeschlossen.