Steinmeier wirbt für Afghanistan: Mit Dorfgeschichten in den Krieg
Der Außenminister wirbt im Bundestag für Afghanistan-Einsatz. Dafür bietet er alle rhetorischen Mittel auf. Die Debatte über zivilen Aufbau im Land blieb aber dürftig.
BERLIN taz Unter Aufbietung aller denkbaren rhetorischen Sympathieträger warb Frank-Walter Steinmeier (SPD) am Mittwoch im Bundestag für den deutschen Einsatz in Afghanistan.
So erzählte der Außenminister eine "Dorfgeschichte aus dem Pamirgebirge": Es seien einige Dorfälteste zu den deutschen Soldaten gekommen, um darum zu bitten, dass bei ihnen eine Schule für Jungen und Mädchen gebaut werde. Für 120 Kilometer Weg hätten sie drei Tage gebraucht, die sie auf Eseln und im Sammeltaxi zurückgelegt hätten. Nun, da das Land wieder eine Zukunft habe, bräuchten ihre Kinder auch Schulen.
Die Afghanen "kämpfen für die Zukunft ihrer Kinder - wir reichen ihnen dabei nur die helfende Hand", sagte Steinmeier und hob seine Hand in vagem Bogen Richtung Regierungsbank. Die war gut gefüllt, sollte das Kabinett doch beweisen, wie wichtig der Regierung nicht nur der Bundeswehreinsatz, sondern auch der zivile Aufbau Afghanistans ist. Auf der Pariser Afghanistan-Konferenz hat Deutschland jüngst zugesagt, seine Aufbauhilfe von 140 Millionen Euro im Jahr bis 2010 fortzusetzen.
Ausgerechnet Entwicklungsministerin Heidi Wieczorek-Zeul (SPD) und Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU), denen Steinmeier explizit dankte, fehlten im Bundestag freilich. Und so musste Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) die Dankesgrüße lächelnd allein entgegennehmen.
Auch der FDP-Außenpolitiker Werner Hoyer mochte sich mit der Würdigung des zivilen Engagements nicht zu lange aufhalten. Er begrüßte die "letzte Chance vor der Sommerpause, über Afghanistan zu debattieren." Schließlich muss der Bundestag im Herbst einer Aufstockung des Bundeswehrkontingents um 1.000 auf dann 4.500 Soldaten zustimmen. Dies hatte Jung am Dienstag verkündet.
Hoyer erklärte jedoch, gemessen an der Verantwortung des Bundestags werde dieser regelmäßig zu schlecht über die Ziele in Afghanistan informiert. "Wie kommt man auf 1.000?", fragte er. Solange der Bundestag nicht erfahre, was etwa die Nato auf ihrem Bukarester Gipfel Anfang April beschlossen habe, sei eine Einwilligung in immer neue militärische Pläne schwierig.
Eine Antwort erhielt er nicht. Die Nato-Militärs begründen die Geheimhaltung der konkreten Ziele in Afghanistan und also ihrer Rückzugsstrategie damit, dass sie durch jede konkrete Information nur den Taliban strategisches Futter gäben. Auf diese Weise bleiben Öffentlichkeit und Bundestag auf ihr Vertrauen in den weisen Ratschluss von Militär und Regierung angewiesen. Und auf die Hoffnung, dass die schönen Dorfgeschichten stimmen.
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