Steigende Steuereinnahmen: Neun Prozent mehr für den Staat
Die Steuereinnahmen von Bund und Ländern sind im Juli um 9 Prozent gestiegen. Grund ist, dass die Wirtschaft floriert und mehr Menschen angestellt werden.
BERLIN taz | Während andere Länder unter der Euro-Krise ächzen, scheint der deutsche Staat im Geld zu schwimmen. Die Finanzminister von Bund und Ländern können sich über steigende Steuereinnahmen freuen. Im Juli stiegen die Einnahmen gegenüber dem Juni um 8,6 Prozent.
Die Belastung der Bundesbürger mit Steuern und Abgaben nehme unter dem Strich aber nur leicht zu, erklärte das Bundesfinanzministerium. Der Grund für die steigenden Einnahmen liegt in der florierenden Wirtschaft. Die Leistung der Unternehmen und Beschäftigten wächst, die Firmen stellen mehr Leute ein, deren Löhne werden oft stärker erhöht als die Inflationsrate. Mehr Beschäftigte, die mehr verdienen, liefern dann mehr Lohn- und Einkommensteuer beim Staat ab. In den ersten sieben Monaten diesen Jahres haben die Finanzminister rund 311 Milliarden Euro vereinnahmt – etwas mehr als die Steuerschätzer bei ihrer letzten Berechnung annahmen.
Die Mitarbeiter von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble räumen ein, dass die Belastung der Bürger mit Steuern leicht zunimmt. Demgegenüber sinke aber die Sozialabgabenquote, vor allem wegen der Beitragssenkung in der Rentenversicherung, die es letztes Jahr gab und möglicherweise auch 2013 wieder geben wird.
Unter dem Strich wachse also die Einnahmequote des Staates im Verhältnis zur deutschen Wirtschaftsleistung (Bruttoinlandprodukt, BIP) nur leicht. Und ab nächstes Jahr werde sie sinken. Die Staatsquote liegt derzeit bei etwa 46 Prozent, in den kommenden Jahren soll sie auf 44 Prozent zurückgehen: Von 100 Euro BIP reserviert sich der Staat 44 Euro, um sie für öffentliche Zwecke auszugeben.
Der Bund der Steuerzahler macht eine andere Rechnung auf. Weil die Organisation vom im Vergleich zum BIP niedrigeren Volkseinkommen ausgeht, erreicht die Belastung der Einkommen aus ihrer Sicht bereits fast 52 Prozent – zu viel, wie Steuerzahler-Präsident Reiner Holznagel rügt. Er macht dafür unter anderem die kalte Progression verantwortlich. Durch die normale Inflation rutschen viele Beschäftigte in einen höheren Steuertarif und müssen mehr Geld an das Finanzamt abführen, obwohl sie faktisch nicht mehr Mittel zur Verfügung haben.
Diesen Mechanismus wollen Union und FDP bremsen, indem sie den Steuertarif insgesamt etwas senken. Die Bürger würden nach diesem Vorhaben um rund sechs Milliarden Euro jährlich entlastet. SPD und Grüne machen das nicht mit, das Vorhaben ist zurzeit im Bundesrat blockiert. Die Opposition argumentiert, die Koalition habe keine Gegenfinanzierung geplant. Angesichts steigender Bildungsausgaben etwa könnten Bund und Länder auf das Geld nicht verzichten.
SPD und Grüne planen für den Fall ihres Siegs bei der Bundestagswahl 2013 dagegen Steuererhöhungen. Auf der Liste stehen höhere Abgaben auf Vermögen und größere Einkommen. So will die SPD Verdienste ab 64.000 Euro pro Jahr für Singles stärker belasten. Außerdem soll der Spitzensteuersatz steigen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hybride Kriegsführung
Angriff auf die Lebensadern
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
„Männer“-Aussage von Angela Merkel
Endlich eine Erklärung für das Scheitern der Ampel
Sport in Zeiten des Nahost-Kriegs
Die unheimliche Reise eines Basketballklubs
Eine Chauffeurin erzählt
„Du überholst mich nicht“