Stasi-Verdacht: Pohlmann vom BGH rehabilitiert

Die Verdachtsmomente gegen den SPD-Abgeordneten Jürgen Pohlmann sind so dünn, dass Radio Bremen darüber nicht hätte berichten dürfen. Nun ist es offiziell.

Warten noch auf ihre Rekonstruktion: Tausende von Säcken mit halb vernichteten Stasi-Akten Bild: dpa

Nun hat der Bundesgerichtshof entschieden: Der Verdacht, dass der Bremer SPD-Bürgerschaftsabgeordnete Jürgen Pohlmann in den 1970er- und 1980er-Jahren mit einer militärischen Sabotage-Gruppe der DDR zu tun hatte, sind so dünn, dass selbst über den Verdacht 2009 nicht hätte berichtet werden dürfen. So erläuterte der Pohlmann-Anwalt Johannes Eisenberg am Freitag den Abschluss eines drei Jahre andauernden Rechtsstreites.

Gegen die Entscheidung des Bundesgerichtshofes könnte Radio Bremen vor das Bundesverfassungsgericht ziehen. Das wird der Sender aber nicht machen und muss insofern die Rechtslage hinnehmen.

„Durch diese Veröffentlichung kam es zu einer nachhaltigen Schädigung meiner Person“, erklärte Polmann gestern. Auf einer Pressekonferenz wollte er zusammen mit seinem Anwalt einen „Schlussstrich“ ziehen. Weil bei solchen schwerwiegenden Anschuldigen immer etwas hängen bleibt und weil es insbesondere in Zeiten des Internets kein Vergessen mehr gibt, wollte Pohlmann offensiv seinen vor den Gerichten erstrittenen Erfolg erklären.

Tatsache ist, dass es eine von der Nationalen Volksarmee (NVA) in Terror-Technik ausgebildete konspirative militärische Einheit „Ralf Forster“ gab. Diese Gruppe war so konspirativ und zur Verschwiegenheit verpflichtet, dass selbst der westdeutsche Verfassungsschutz davon nichts mitbekommen hatte. Unterlagen über diese Gruppe gibt es nicht – falls Dokumente existiert haben sollten, sind sie 1989/1990 vernichtet worden wie so viele Unterlagen der für Westdeutschland zuständigen Abteilungen der DDR-Geheimdienste.

Tatsache ist, dass die Staatssicherheit den Bremer SPD-Politiker zu der Gruppe „Ralf Forster“ rechnete. Das bedeutete für die Stasi, dass sie erstens die Finger von ihm lassen musste und dass er zweitens zuvorkommend zu behandeln war. Die DDR-Grenze konnte er zum Beispiel ohne Kontrolle passieren.

Pohlmann hatte von Anfang an bestritten, mit der Gruppe „Ralf Forster“ zu tun gehabt zu haben. Er habe sogar von deren Existenz nichts gewusst, erklärte er. Radio Bremen hatte damals berichtet, dass Reisedaten von Pohlmann in die DDR zu Ausbildungs-Terminen passen könnten. Er bestreitet das, als Organisationssekretär der DKP Bremen musste er zudem oft in die DDR reisen. In einem ähnlichen Fall hat das Verwaltungsgericht Berlin erklärt, dass solche Eintragungen in geheimen Listen nur belegen, dass die Stasi die entsprechende Person in einen Zusammenhang gebracht hat. Damit sei nicht belegt, dass der Betroffene davon wusste und daran aktiv mitgewirkt hatte.

Das Urteil des Oberlandesgerichts Hamburg vom September 2011 ist mit der BGH-Entscheidung nun rechtskräftig. Die von Radio Bremen vorgebrachten Tatsachen, so heißt es da, „reichen nicht aus“, um einen derart schwerwiegenden „Verdacht zu verbreiten“.

Vor dem Hamburger Landgericht läuft derzeit ein Verfahren, in dem Pohlmann auf Schmerzensgeld klagt. Da spielt es eine Rolle, dass das erste Gericht, das sich – im Rahmen einer einstweiligen Verfügung – mit dem Thema befasste, nämlich das Kammergericht Berlin, die Berichterstattung nicht monierte. Für das Hauptsache-Verfahren ging Pohlmanns Anwalt dann nach Hamburg. Das Landgericht Hamburg hat vor diesem Hintergrund ein Schmerzensgeld von 10.000 Euro für angemessen erklärt. Die Stasi-Unterlagenbehörde hatte anfangs erklärt, der Name auf der Stasi-Liste sei ein deutlicher Hinweis. Im Rechtsstreit mit Pohlmann hat die Stasi-Unterlagenbehörde das korrigiert und erklärt, dass sie rechtlich nicht befugt gewesen sei, die belastenden Unterlagen an Radio Bremen zu geben.

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