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Stasi-Schloss für 1.500 DM verschleudert

■ Runder Tisch feuert Schönwalder Bürgermeister

Berlin (taz) - Das Geschäft seines Lebens hatte der Westberliner Immobilien-Makler Ingo Pyko in Schönwalde, Kreis Bernau, gemacht: Für ganze 1.500 DM im Monat pachtete er das gesamte Barock-Schloß Dammsmühle (50 Räume, Säle, Dienstbotenhäuser...) samt 18 Hektar Schloßpark. Der Vertrag zum Schleuderpreis wurde vom Schönwalder Bürgermeister Dietrich Weiland unterschrieben; das Schloß gehört zum ehemaligen Besitz der Stasi und wurde der Gemeinde zur Verfügung gestellt.

Doch nachdem die Westberliner Boulevard-Zeitung 'BZ‘ den Schloßkauf des 40jährigen Maklers mit großer Schlagzeile auf den Titel brachte, gab es in Schönwalde Alarm: Der Runde Tisch feuerte kurzerhand den spendablen Bürgermeister und beauftragte drei Anwälte damit, den Pachtvertrag rückgängig zu machen. Makler Pyko verteidigte sich am Mittwoch wiederum in der 'BZ‘: „Aus dem Schloß will ich ein Luxushotel machen, mehrere Millionen Mark investieren. Außerdem werde ich auf dem Gelände ein neues Gebäude mit 30 Hotelzimmern errichten und darüberhinaus der Gemeinde ein Schulgebäude und einen Lebensmittelmarkt bauen. Von dem Gewinn aus dem Hotelbetrieb werde ich 20 Prozent an die Gemeinde zahlen. Der Schulbau wird damit verrechnet.“ Schon in acht Monaten will Pyko die Umbauarbeiten am ehemaligen Stasi-Schloß beendet haben.

Doch Ärger gibt es inzwischen nicht nur mit der Gemeinde Schönwalde, sondern auch mit Westberliner Makler-Kollegen, die Pyko den dicken Fisch nicht gönnen. Einer von ihnen habe dem abgesetzten Bürgermeister für das Schloß viel mehr, nämlich eine Volksschule, drei Lebensmittelgeschäfte und eine Kita, versprochen. „Wir verstehen nicht, warum wir nicht zum Zuge kamen,“ wundert sich der Makler.

Doch damit nicht genug. Gestern wartete die 'BZ‘ mit einem Wilmersdorfer auf, der behauptet, nicht die Stasi, sondern er sei seit eh und je der rechtmäßige Besitzer des Schlosses: „Mein Großvater hat es gekauft, ich bin der Erbe. Ich habe einen Rechtsanwalt in Köpenick beauftragt, den Pachtvertrag anzufechten.“

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