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Starke Frau - schönes Lied

■ Ulla Meinecke gastierte am Donnerstag abend im ausverkauften Modernes und vermittelte mehr Intimität als singende Männer / Am schönsten: „Schlendern ist Luxus“

Als „Rock-Mieze“ führt sie Frank Laufenberg in seinem „Pop & Rock Almanach“ und auch ein Freund findet sie unmöglich, vor allem wegen dieses „bescheuerten Lieds mit den neuen Männern, die das Land braucht“. Beides hat Ulla Meinecke nun wahrlich nicht verdient, die Verwechslung mit Ina Deter vo allem nicht. „Neue Männer“ sind ihr nämlich offenbar reichlich egal, ihr Auftritt im Modernes am Donnerstag richtete sich unmißverständlich an alle „Frauen zwischen Anna Karenina und Rosa Luxemburg“ - und das, obwohl ausschließlich Männer für sie schreiben. Es ist beinahe so, als würden Herwig Mitteregger, Edo Zanki, Manfred Maurenbrecher, Rio Reiser usw. Ulla Meinecke als eine Art Multiplikator ansehen für musikalisch unmännliche Heimlichkeiten, die sie sich selbst nicht trauen. Lange jedenfalls - seit Klaus Hoffmann vielleicht - gab es in der Neustadt nicht so einen unprätentiösen, persönlichen und gleichwohl in seiner „Message“ so geschlossen zielgerichteten Auftritt wie den der Hamburger Sängerin.

Stimmsicher, manchmal vom Mixer mit mehr Hall versorgt als sie eigentlich nötig hat, durchsang sie ein Programm, in dem sie sich leicht und ohne aufgesetzte Dramatik ihrem Image entsprechend als selbstbewußte und unabhängige Frau präsentierte. „Jede Frau hat ein Geheimnis, sie hat zehn“, sagte sie und und mit manch anderem schönen Satz traf sie zielgenau die Seele ihrer weiblichen ZuhörerInnen, zeigte sich, in Jeans und T-Shirt ohne große Gesten oder übermäßige Bühnenaction als spiegelgenaues Abbild der Szene im Saal die Identifikation hatte spürbar einen Grad von Intimität, wie ihn männliche Interpreten nur selten vermitteln.

Frauenbewegtes hat in diesem Kontext nur am Rande Platz, Ulla Meinecke setzt auf die Vermittlung individueller Stärke und der „Stolz italienischer Frauen“ wird so zu einem programmatischen Titel, zum Markenzeichen. Sie sang es zu schwülstigen keybards, allein auf einem Podest, mit starker Stimme, in blauem Spotlight: Mittelpunkt und eindringlicher Moment eines ansonsten oft etwas flachen Konzerts.

Musikalisch nämlich bot sie das, was man kennt, nicht nur von ihr. Ihre Komponisten bürgen für gediegene deutsche Popmusik, Ecken und Kanten sind da nicht gefragt.

Miachael Brandt und Richard Wester, beide der Ulla aus langer Tradition verbunden, schufen den Sound, den man auch von den Platten her kennt. Manchmal auch nicht: „Schlendern ist Lusxus“ heißt das Lied, das von den neueren wohl das schönste ist und in dem sie sich das Meer herbeiträumt. Manche im Saal mögen sich dabei jedoch eher Peter Weihe herbeigewünscht haben, den Gitarristen aus Bremervörde, der auf der Platte mit coolen Tönen herumschlendert. Brandt und Wester glätteten das Lied zum Schlager, doch was macht's, die musikalischen Ambitionen von Ulla Meinecke reichen nicht so sehr weit. Sie macht halt hübsche Musik und angenehme Konzerte. „Nie wieder“ sang sie am Schluß vor drei Zugaben, doch viele ihrer Zuhörerinnen werden es damit wohl so halten sie sie selbst „bis zum nächsten Mal“.

Rainer Köster

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