■ Standbild: Gräßliche Familie
„Spot – das Magazin“ mit Dieter Kronzucker und Milena Preradovic, immer mittwochs, 22.15 Uhr, Sat.1
Hilfe, versteckt euch: Familienbesuch! Das Licht geht an, schmissige Rockmusik, die Kamera fährt unaufhaltsam auf einen Glatzkopf zu.
Ja, ist das nicht, dieser Mann in der lustigen Weste, das muß doch – das ist doch Dieter Kronzucker, unser Onkel aus Amerika! Jetzt hat er eine neue Bleibe bei Sat.1 gefunden, und Anhang hat er sich auch gleich zugelegt: eine „Reporterfamilie“ und eine liebe Frau, die er seltsamerweise immer „Kompagnon“ nennt (gespielt von Milena Preradovic). Letzte Woche hat seine Familie die ganze Zeit um die tote Prinzessin getrauert, und in der Trauer machen Menschen eben manchmal Dummheiten, das sollten wir akzeptieren.
Am vergangenen Mittwoch zeigte sich nun jedoch, daß „Spot – das Magazin“ allerdings noch unerträglicher ist, wenn die Betroffenheit dieser bestgelaunten freundlichen Menschen über den Bildschirm kriecht.
In einer Kulisse, anmutend wie eine Kreuzung aus der Brücke der Enterprise und der Harald-Schmidt-Show, angefüllt mit einem applauswütigen Publikum, schwingen Preradovic, Kronzucker und ihre mobile Einsatztruppe heftig ihre gereckten moralischen Zeigefinger: Du sollst deinem nächsten Straßenkind aus St. Petersburg helfen, indem du auf die eingeblendete Kontonummer spendest! Du sollst dir zwei Sekunden Gedanken machen, bevor du in das nächste Schweinekotelett beißt, denn die Schweine leben „wie in einem Saustall“! Du könntest dir einen falschen Paß und Führerschein zulegen, um damit eine Menge Kohle abzuzocken, sollst es aber nicht, denn das ist illegal!
Das Thema ist beliebig, beständig ist die Masche: den Reporter immer hübsch mit dem Vornamen ansprechen, das dokumentiert das konstruierte Reporter-Familienidyll. Und wenn sich die Spotler dann eine gute halbe Stunde gegenseitig angedietert und anmilenat haben, dann können wir uns schon langsam auf den geschmacklosen Tiefpunkt der Sendung freuen: Mit versteckter Kamera sehen wir ein schwarzes Schaf aus der Reporterfamilie, wie es sich im Straßencafé in den Zehennägeln puhlt.
Die Leute dort regen sich auf, wir schon lange nicht mehr. Der Beweis ist jedenfalls erbracht: Privatfernsehen macht dumm. Aber die Macher. Stefan Kuzmany
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