■ Standbild: Ermüdend brav
„Der Doppelgänger“, Di., 20.15 Uhr, Sat.1
Mathias, Sohn des vertrottelten Versicherungsvertreters Claus Hoffmann, hat Pech. Seine Schulfreunde können stets Spannendes über ihre Väter erzählen. Er nicht. Wäre Papi (Jürgen Heinrich) als Doppelgänger eines üblen Schurken nicht zum Superhelden der Nation verdonnert – Motto: Saubermann verhindert Atomschmuggel –, die Komödie „Der Doppelgänger“ hätte ganz nett werden können.
Aber ein V-Mann, der die Berliner Kripo chaotisiert? So etwas sendet Sat.1 nicht. Eine deutsche Komödie möge zwar witzig, jedoch zugleich brav sein. Deshalb stimmt alles: Die Ehe ist treu, denn ungebremste Erotik paßt nicht ins Genre. Katharina Müller-Elmau muß deshalb graumäusig verführen. Die Araber bekommen die Atombombe von den Russen nicht. Und wer verhindert das? Der deutsche Kleinbürger und Biedermann. Zugegeben: Jürgen Heinrich grimassiert wie blöd, um den zu karikieren. Verschenkt. Am Ende gibt es das Bundesverdienstkreuz. Sehr preußisch, das Drehbuch von Hartmann Schmige! Die Rollen der Brandstifter sind zwar recht originell verteilt, und am Ende pusten sich Russen und Araber gegenseitig die Rübe weg. Aber hat das Witz?
Deshalb identifizieren wir uns voll und ganz mit dem blassen Söhnlein Mathias. Wir teilen sein Schicksal: Alle haben Spannendes zu berichten, nur wir nicht. Besser erzählen wir keinem davon, daß wir zwei Stunden, inklusive Werbung, mit der Sat.1-Schmonzette vertan haben, die wieder einmal die Mär vom smarten deutschen Erfolgsmenschen verbreitet. Wie wir das eiserne Regelwerk, das sich verkniffen von Plot-point zu Plot-point hangelt, mit eingefrorenen Mundwinkeln bestaunt haben, verschweigen wir lieber auch. Gitta Düperthal
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen