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■ StandbildBanaler als Soap

„Stunden der Entscheidung“, So., 20.15 Uhr, ZDF

Seit über einer Woche ist Julia, Schlüsselfigur der „Verbotenen Liebe“, wie vom Erdboden verschluckt. Doch derweil ihre Familie und ihre Fans bereits das Schlimmste befürchten, tauchte sie am Ostersonntagabend unversehens wieder auf. Und zwar im ZDF. Dort spielte Valerie Niehaus, die laut Bravo TV beliebteste Seriendarstellerin Deutschlands, die Christabel in einer Verfilmung des gleichnamigen Rosamunde-Pilcher-Romans.

Die Rolle muß für Valerie (wie ihre Fans sie nennen) eine echte Herausforderung gewesen sein: Während sie nämlich in „Verbotene Liebe“ immer nur die Tochter eines vermögenden Adligen im Rheinischen spielen darf, die, weil das adoleszente Prinzessinnengeschöpf den kleinen Unterschied zwischen Verliebtheit und Lieben nicht kennt, irgendeinen dahergelaufenen Trottel zum Traualtar begleitete, obwohl sie doch eigentlich ihren Bruder Jan liebt usw., spielte Valerie (wie ihre Fans sie nennen) in „Stunden der Entscheidung“ die Tochter eines vermögenden Adligen im Schottischen, die irgendeinen Trottel zum Traualtar begleitete, obwohl sie doch eigentlich ihren Sam „wie einen Bruder“ liebte, und nur weil das adoleszente Prinzessinnengeschöpf den Unterschied nicht kannte usw.

„Ich hab' Angst“, sagte sie zur Großmutter. „Wovor?“ fragte die. „Wenn ich das mal so genau wüßte“, erwiderte Valerie (wie ihre Fans sie nennen). Anderthalb Stunden lang machte das ZDF mit derart dramatischen Dialogen Programm für die vereinten Seniorenheime im Lande, denen es egal ist, ob es die Pilchersche Kitschigkeit überhaupt verträgt, in routinierter „Forsthaus Falkenau“-Ästhetik abgefilmt zu werden oder nicht. Christoph Schultheis

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