■ Standbild: Sanfter Meister
„ARD-exklusiv – Der Schlager-Therapeut“ Freitag, 21.45 Uhr, ARD
Wenn seine Fans sich Guildo Horn nähern, dann schmiegen sie sich an seine Seite und rufen „Meister, ich liebe dich“. Wenn Fernsehjournalisten sich Guildo Horn nähern, geht das nicht so einfach im Affekt. Das Phänomen will schließlich entschlüsselt und seriös vermittelt sein.
Wie erklärt man sich einen großen Mann mit lichtem Langhaar und Rüschenhemd, der mal dem Autor Thomas Michel freundlich Rede und Antwort steht, mal freudig in sich versunken auf einem Roller an der Kamera vorbeigleitet? Der abends mit schweißüberströmtem nacktem Oberkörper vor rasendem Publikum deutsches Liedgut zum Vortrag bringt und mit rituellem Austeilen von Muttis Nußecken für meterweise Rohschnitt sorgt?
Diplom-Pädagoge und Exmusiktherapeut Guildo Horn hat es mittlerweile mit seiner Band von einer Trierer Unifete bis auf die Titelseite der Bild und sogar in den deutschen Vorentscheid zum Grand Prix d'Eurovision de la Chanson geschafft, der am kommenden Donnerstag ein echtes Highlight zu werden verspricht. Warum soll er für Deutschland singen? „Warum soll ich nicht singen“, fragt Horn in einer Pressekonferenz charmant zurück. Schließlich hat sein Management schon ordentlich Vorarbeit geleistet und Guildo sich in Sendungen wie J. B. Kerners „Menschen '97“ profiliert. Und weshalb da nicht Mensch Lothar Matthäus den Ball gezielt durch die aktuelle Sportstudio-Torwand schoß, sondern Mensch Guildo eher aus Versehen, erklärt der Meister pointiert: „Lothar hat die Sache nicht so ernst genommen. Ich hab' die Sache bierernst genommen.“ Nur weiß kein Fernsehjournalist so genau, wie das gemeint ist. Monie Schmalz
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