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■ StandbildVergeigt

„Leinen los für MS Königstein“, Mo. 21.40 Uhr, ARD

Commander McLaine hat den „Rücksturz zur Erde“ etwas zu wörtlich genommen und die alte Orion gegen ein Passagierschiff eingetauscht. Mit viel Mut zum Chargieren gibt Dietmar Schönherr einen sächsischen Flußkapitän ohne Dialekt. Wo genau diese Binnengewässer fließen, auf denen der MDR- Folklorekahn vom Dritten ins Erste Programm schipperte, weiß allein Neptun.

In der ersten Serienfolge werden naturgemäß die Figuren eingeführt. Der Kapitän feiert mit Faktotum Wenzel seinen 65. Und will dabei der Familie beibiegen, daß er sie um einen Haufen Geld anpumpen will, das er in die Renovierung des Kahns gesteckt hat. Die Geschichte ist zwar nicht neu. Sie hätte aber leidlich spannend werden können, wäre der Bankgläubiger, der mit seiner Forderung den Geburtstag sprengt, nicht schon zu Anfang zweimal aufgetreten, um jede dramaturgische Entwicklung im Keim zu ersticken.

Streckenweise lustig in dieser schalen Süßwasser- Soap ist allein Rosemarie Fendel als Grande Dame. Die Fendel ist eine geniale Aktrice, die jedem uninspirierten Dreck unterhaltsame Kabinettstückchen abzugewinnen vermag. Aber die restlichen Darsteller stehen im Bild herum und schauen sich mißmutig und vorwurfsvoll an, als wollten sie sich zuraunen: „Ich hab' diese blöden Dialoge nicht geschrieben“. Wenn schon nichts passiert, dann muß sich wenigstens das geigenintensive Orchester enthusiastisch zeigen. Jede noch so banale Szene wird wie bei einer Wagner- Oper mit einem Schwall euphorischer Streicher untermalt, so daß jeder Geigerzähler durchknallen würde. „Ein Schiff kostet erst Geld und bringt dann Geld ein“, beteuert der Kapitän mehrmals. Dieses Schiff kostet nur Geld. Manfred Riepe

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