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■ StandbildPolenpotpourris

„Bravissimo, die Polen kommen“, Di., 21.45 Uhr, N3

Ein steifer Seewind zauselt graue Dauerwellen, und aus der Orchestermuschel dringen zackige Märsche: Die Rentnerinsel Norderney bebt. Die „Alten Kameraden“, ereifert sich eine graue Dauerwelle, das sei eins der alten Lieder, und schwärmt vom Stechschritt eines alten Kameraden, damals, entlang der Promenade. Dann fährt die Kamera durch den vollgepfropften Allzwecksaal. Draußen stürmt's, und drum erklingen Donauwalzer, Potpourris und „Alte Kameraden“ nun drinnen.

Und den 45 polnischen Nationalsymphonikern, die in der Hauptsaison das Kurorchester des Seebads bilden, macht's noch nicht mal was aus. Seit 1980 schon reisen sie von Warschau im Auto auf die Dauerlocken-Insel, um des deutschen Kurgasts Patschehändchen lustig ineinander knallen zu machen. Warum, fragt der Autor immer wieder, um auch ganz sicher zu gehen, warum macht ihr das? Erstklassige Musiker, die während der Konzertsaison Verdi spielen und dann, im Sommer, „Alte Kameraden“?

„No problem“, „deutsch gut“ und „Musik ist Musik“, versichert der Bericht, daß die Musiker versichern, obgleich sie sich mit halb soviel Geld wie ein deutsches Ensemble und wenig Komfort abspeisen lassen müssen. Aber bescheiden, schwärmt der Autor, seien sie nun mal, die Polen, regelrechte „erstklassige Botschafter eines neuen, weltoffenen Polen“, und hebt auch beim fröhlichen Grillfest die Lebensfreude, Bescheidenheit und Improvisationskunst der Gäste hervor. Zwischen Impressionen von grauer Nordsee und beigen Blousons einerseits und ressentimentfreien Polen andererseits konnte die Frage nach den „Alten Kameraden“ also endlich im Rauschen der Brandung untergehen. Monie Schmalz

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