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■ StandbildKanzlerwäsche

„logo“, So, 8.55 Uhr, ZDF

Nein, sie gingen dem Kanzler nicht an die Wäsche. „Boxers or briefs?“ hatten vor einigen Jahren MTV-Zuschauer US-Präsident Bill Clinton gefragt: „Tragen Sie Shorts oder Slips?“ Die Fans der Kindernachrichtensendung „logo“ wollten von Gerhard Schröder lieber wissen, was er am liebsten ißt („Nudeln“), ob er die neuen Rechtschreibregeln bereits kann („Nein, kann ich nicht“) und ob er vorhat, sie zu lernen („Muß wohl“).

Die Kombination von Kind und König ist seit je ein beliebter Stoff. Ob Salomon das Baby vor der Zweiteilung bewahrt oder Herodes alle Erstgeborenen schlachten läßt, in der Begegnung mit kleinen Schreihälsen verraten große Herrscher ihr wahres Gesicht: mal weise, mal böse. Wohlweislich hatte Hitler lieber mit Schäferhunden zu tun.

Was Herrn Schröder betrifft, so hatte er zu Oppositionszeiten die Kinder von „logo“ noch persönlich zum Interview empfangen. Nun mußten die Fragen schriftlich eingereicht werden, vorgetragen hat sie eine erwachsene Reporterin. Offenbar ist die nächste Wahl noch so fern, daß im Kanzleramt kein akuter Bedarf an Fotos mit Kindern besteht.

Und es wären keine deutschen Kinder, fragten sie in gut sechs Minuten nicht auch nach dem Atomausstieg. Wie lange wird er dauern? „Die Kinder werden's auf jeden Fall noch erleben.“ Restlaufzeiten bis zu 60 Jahren? Gut, daß Trittin nicht „logo“ guckt. Doch dank „logo“-Zuschauerin Klara, der Tochter von Frau Schröder-Köpf, hielt das Interview auch ein Kleinod parat, das verdiente, eines Tages das Vordeckblatt einer Schröder-Biographie zu schmücken.

Der Kanzler: Darf ich Hallo Klara sagen?

Die Interviewerin: Gerne.

Der Kanzler: Hallo Klara. Patrik Schwarz

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