■ Standbild: Charmant schwerfällig
„Mein Freund Balou“, Mi., 20.15 Uhr, ARD
Irgendwo, in einem fernen Land, in dem Männer noch richtige Männer, Frauen noch richtige Frauen und gutmütige Gauner noch richtige gutmütige Gauner sind, da spielt der Film „Mein Freund Balou“. Darin haut der gut-, aber schwachherzige Gauner Martin Lindner aus dem Knast ab, in dem er wegen schweren Banküberfalls saß. Ein Schelm, wer Zurwehme dabei denkt – Lindner ist ein lieber Gangster. Er klaut ein Auto, in dem sich der süße, kleine türkische Junge Balou versteckt, der seinen Vater sucht und gerne mit dem brummbärigen Lindner befreundet sein möchte. Der Bengel und Räuber Hotzenplotz-Lindner fahren zusammen nach Köln, Lindner möchte seine „Sonne“ Anja Kröger (Hannelore Elsner als mondäne Friseurin) treffen, der Bengel seinen Vater.
Diese Konstellation, rührende Freundschaft zwischen Niedlich und Bärbeißig, wäre normalerweise einfach nur peinlich. Aber Regisseurin Marianne Lüdcke hat Günter Lamprecht als Gauner Lindner, und der macht hier aus Scheiße Gold – trotz zaunpfahlschwerer Winke in Richtung deutsch-türkischer Freundschaft, trotz absurder Gutmenschen ist die Parabel über die scheiternde Flucht eines Bankräubers ein rührendes Stück Abendunterhaltung. Es ist noch nicht mal schlimm, dass die „Balou der Bär“-Idee schon abgenutzt ist, denn Lamprecht ist überzeugend als Bär, als gutmütiger Philantrop, als monogamer Gefühlsmensch, der den einsamen Jungen tröstet und seit Jahren dieselbe Frau liebt.
Von Anfang an fühlt man mit ihm, fiebert dem Treffen mit dem bösen Widersacher entgegen, für den er – Herz aus Gold – ins Gefängnis gegangen ist. Und man versteht seine Freundin, die, ganz Märchen, eine sexy Frau um die Fünfzig ist, die immer noch bei allem Erfolg hat, was Hosen anhat. Sogar bei den doofen Bullen, denen es auch irgendwie Leid tut, Lindner verfolgen zu müssen. Eine unrealistische Parabel mit guten DarstellerInnen hat die Regisseurin gebastelt, schwerfällig wie der Protagonist, aber genauso charmant. Jenni Zylka
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen