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■ StandbildDauerwerbesendung

„Wortwechsel: Helmut Markwort“, So., 22.20 Uhr, SWR

Helmut Markwort weiß, was er seinen Lesern schuldig ist. Zu seinem jovialen Image würde es nicht passen, dem Gastgeber Fritz Frey vorzeitig über den Mund zu fahren. Der Focus-Erfinder rächte sich subtiler: „Fakten, Fakten, Fakten ...“, winkte er ab, als sei er des eigenen Spruches längst überdrüssig, „das rufen mir inzwischen ja schon die Kinder auf der Straße nach!“ Und wenn es euch immer noch nicht paßt, hieß das im Klartext, ich habe mit Focus einen Gassenhauer erfunden.

Helmut Markwort weiß, was beim Publikum ankommt. Auch war er mal Chefredakteur des Gong, inzwischen macht er mit „Markwort 19:10“ selbst Fernsehen. Kurzum: Der Mann kennt sich aus mit den Usancen der Branche. Umso amüsanter, den Medienprofi in einem derart untelegenen Umfeld zu sehen: Armselig hockten die „Wortwechsler“ in zwei Freischwingern auf einer improvisierten Bühne, vor ihnen im undefinierten Halbdunkel ein kleines Präsenzpublikum, das sich allerdings seiner eigenen Rolle (Klatschen! Klatschen! Klatschen!) kaum je bewusst wurde.

Gastgeber Frey gab sich oberflächlich freundlich, provozierte aber mit seinen fleißig recherchierten Fragen doch unterschwellig nach Art des alten Spiegel-Dünkels. Da kam die Pleite der Modi-Bank zur Sprache (Markwort: „Spannende Frage für die Pressefreiheit: Wann soll man seine Leser vor einer Bank warnen?“), das veraltete Ernst-Jünger-Interview („Das war die Gaunerei eines Kollegen“), seine Komparserie in einer Schwabinger Komödie („Ich habe mal gelesen, es sei ein Porno gewesen“) und zuletzt Markworts Unterstellung, der Stern-Chefredakteur duze den Kanzler („Ich duze am liebsten überhaupt niemanden“).

Markwort dachte an seine Leser, die weder Arroganz noch Überheblichkeit schätzen, und saß die Sache einfach aus. So wurde es dann doch noch eine 55 Minuten lange Dauerwerbesendung für Focus.

Klaudia Brunst

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