Standbild: Emotionale Basissuppe
„Süddeutsche TV: Die Macht der Marke“, Mo., 23.05 Uhr, Vox
Rindfleischsuppe mit Nudeln. Nicht gerade sexy. „4 Teller“ jubelt grundlos ein Querbalken. Der Rest auf der Tüte wirkt eher zerknirscht. Oder wie Lothar Böhm mit Kennermine drängt: „Basissuppen müssen emotionaler werden.“ Das finden wir auch und „freuen uns als Verbraucherin“ über das neue „Ökogrün“ auf der Packung. Dazu eine Suppenschüssel, die so doll dampft, als schäme sie sich. Schließlich sieht man alles von ihr auf dem neuen Foto. Jedes Fleischklümpchen, das sich im Trockenpulver eher wie ein Brösel Totenstaub ausnimmt, protzt auf der neuen Tüte mit hochglänzender Üppigkeit. Umrahmt wird sie von einer Banderole, die etwas von Schlemmen und von Wie-bei-Omi-in-Ostpreußen verheißt.
Wertkonservatismus hilft immer. Knorrs Tütensuppen, die sich auf die unteren Marktplätze verkrümelt hatten, sind wieder die Raketen unter den Instantlösungen. Dank Lothar Böhm, jenem „Zauberer des Konsums“. Böhm ist seit 30 Jahren für die Trockennudel so etwas wie Helmut Markwort (Heißt der so? Der Focus-Chef?) für das Wortgut. Und Böhms „erster Gedanke ist beim Verbraucher, der Hausfrau“. Denn die Mutti hinter dem Einkaufswagen ist nach wie vor der statistische Goliath, den Werberdavid Böhm mit Kauflust bezwingen will. Und 50 Prozent Umsatzplus – so viel Erfolg schafft Andächtige. Auch der Beitrag „Die Macht der Marke“ des Süddeutsche TV kann sich plumpe Knickse nicht verkneifen. Die Kamera weiht den Boden, wo Böhms energischer Schritt ihn berührte. Dieser Mann ist kein Freak, donnert es aus dem Off. Zoom auf die antike Rolex an Böhms Handgelenk.
Wer sich so anbiedert, äfft schnell die Sprache des Meisters nach. Da wird über das High-Tech-Outfit der LC1-Joghurt sinniert, von „Kraftakt“ und „Manpower“ gesabbelt, als wollte der Beitrag selbst in den Warenkreislauf eingehen, dort wo er am schönsten ist. Doch des einen Bouillon bleibt des anderen Rindfleischbrühe: 4-Teller-TV.
Birgit Glombitza
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen