: „Stand and Deliver“ im Cinema
■ Der Mathelehrer-Film aus L.A.
Eigentlich ist es eine gute Geschichte. Eine So-soll-es -sein-Geschichte: ein Käfer fahrender Mathe-Lehrer, der an das Gute im Menschen glaubt, an Weihnachten und ans College -Zeugnis, verhilft einem Haufen schönaussehender, aber stets für blöd verkaufter Highschool-Kids mit spanischen Namen, hustenden Großmüttern und Vom-Tellerwäscher-zum-Taco -Restaurantbesitzer-Vätern zur Eintrittskarte ins richtige Amerika.
Die achtzehn Teenies der Garfield-High in Los Angeles nämlich bestehen in „Stand and Deliver“ einfach die Begabten -Prüfung, mit der man sogar als Kind der Hablamos -espanol-Immigranten aufs College gehen und richtig Karriere machen darf. Sie bestehen sie aber ausgerechnet in Mathematik, dem Fach, in dem der Garfield-High gerade wegen jahrelanger Schlamperei und damit scheinbar statistisch erwiesener Unfähigkeit der Underdog-Kids die Lehrerlaubnis entzogen werden sollte.
Die Schulbehörde wittert in anzugtragender Niedertacht Hintertücke, Test-Betrug und Chancen-Klau im großen Stil. Das paßt schließlich in die Gegend. „Ja“, sagt Angel (im Film: „La Bamba„-Star Lou Diamond Phillips), einer der mathematisch erleuchteten Gang-Boys aus dem Barrio (dem Stadtviertel spanischer und südamerikanischer Einwanderer in L.A. ), im Rahmen der Ermittlungen, „ja, ich habe mir die Testbögen besorgt. Ich habe den Postboten erwürgt.“ Die Bande gröhlt, die Behördenanzüge sind ratlos, der Test wird wiederholt.
Eine schöne Geschichte also. Eine, die am besten das Leben schreibt, weil sie sonst eh keiner glaubt: Mathelehrer Jaime Escalante (im Film: „Miami Vice„-Leutnant Edward J. Olmos) befördert noch heute und im richtigen Leben per Rechenaufgaben die Garfield-Teenies in Karrieresphären, für die sie nie jemand vorgesehen hatte.
Leider ist „Stand and Deliver“ trotzdem kein wirklich guter Film. Die dicke Lopez, die lockenschöne Claudia, Kraftpummel Pacho und Großmaul Angel bleiben Comicfiguren rassistischer Benachteiligung vor amerikanischer Highschool-Kulisse und mit einer rätselhaften Begeisterung für Matheaufgaben und einen bestimmt genialen Lehrer. Teenie-Alltag und Lebenssehnsucht zwischen Tacos und brätschenden Kleinkindern werden vor lauter Pädagogen-Idealisierung ganz unwichtig. Ein Lehrer-Film also. Die zur Preview geladenen Studienräte waren auch ganz begeistert. p
Cinema, ab heute, 20.45 Uhr
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen