Stadtumbau in West-Berlin: "Es gibt keinen Bedarf für das Zoofenster"
Die Hochhauspläne in der City West stoßen bei der Grünen-Fraktionsvorsitzenden Franziska Eichstädt-Bohlig auf Skepsis. Der Büroleerstand könne nicht mit noch mehr Bauten behoben werden. Der Kudamm sei geschwächt.
taz: Frau Eichstädt-Bohlig, wird sich die aktuelle Finanzkrise auch auf die Bautätigkeit in der City West auswirken?
Franziska Eichstädt-Bohlig: Das könnte gut sein. Nachdem wir da schon seit Jahren, eigentlich seit Mitte der 90er-Jahre, rund um den Zoo und Gedächtniskirche keinerlei Fortkommen haben, bin ich skeptisch und in Sorge, dass sich das weiter verfestigt.
Braucht die City West überhaupt die überdimensionierten Neubauten?
Da gehöre ich schon von Anfang an zu den Skeptikern. Ich denke, es ist gut, dass die Lücken wieder bebaut werden, aber für diese Hotelhochhäuser hat die City West keinen Bedarf. Das Zoofenster ist weder vom Bedarf her noch gestalterisch "anturnend". Das Zoofenster, das Casiahochhaus und auch das Hotelhochhaus an der Messe sind zudem Planungen, die davon ausgehen, dass es in Berlin ständig boomt und dass dieser Boom auch die City West erfasst. Das ist genauso wenig absehbar wie in den ganzen letzten 15 Jahren.
Wenn man sich Tauentzien und Kudamm anschaut, dann boomen sie doch als Geschäftsstraßen. Woran hapert es denn?
Es geht nicht so sehr um die Funktion als Geschäftsstraßen, sondern um die ganze sonstige Nutzung, insbesondere die Dienstleitungsnutzung. In den Büros über den Geschäften finden Sie viel Leerstand. Sie brauchen da nur hochzugucken. Sowohl der Kudamm als auch der Tauentzien sind enorm geschwächt worden. Und da wir natürlich auch in Mitte viele leerstehende Büros haben, tut sich da auch nicht sehr viel. Das andere Thema ist das Zusammenspiel von Messestandort und Hotelnutzung. Weil man jetzt nicht mehr mit der Fernbahn am Zoo ankommt, sondern am Hauptbahnhof, sucht man sich auch andere Hotels. Die Achse, die bei allen Messen früher perfekt funktioniert hat, rund um Zoo, Gedächtniskirche, Kudamm, ist damit deutlich geschwächt.
Wie könnte Ihrer Ansicht nach eine gelungene Aufwertung aussehen?
Die Lücken sollten in den normalen Proportionen, in der Berliner Traufhöhe, bebaut werden. Das Schimmelpfeng-Haus, auch ein riesiger leerer Bürokomplex, sollte nicht auf Abriss gesetzt werden, sondern auf Wiedernutzung. Im Bikinihaus und dem Zoopalast soll jetzt eine nach innen gezogene Mall entstehen. Das mag für Touristen halbwegs klappen, aber ich glaube nicht an eine Aufwertung. Außerdem können wir nicht davon ausgehen, dass der Zuwachs an Touristen ständig so weitergeht. Wir haben zum ersten Mal einen Rückgang an den Hotelübernachtungen. Da muss man nicht überproportional bauen, da sollte man sich um die normale Stadtreparatur kümmern.
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