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StadtgesprächFrisch gestrichen

US-Präsident Obama kommt nach Kuba. Was er da macht, behält die KP für sich. Aber es wird renoviert

Bernd Pickert aus Havanna

Vielleicht wäre es besser, Obama bliebe zu Hause“, schimpft Barbara Torres. Schon den zweiten Tag in Folge muss sie die Treppen nehmen, um in ihre Wohnung im fünften Stock des Wohnhauses an der Calle Paseo zu gelangen. Der Strom ist wieder abgestellt, der Aufzug funktioniert nicht. Arbeiten an den Leitungen, heißt es. Dass das etwas mit dem bevorstehenden historischen Besuch des US-Präsidenten in Havanna zu tun hat, steht für sie außer Zweifel. An diesem Sonntag wird er kommen.

Aber noch eine Woche zuvor weiß in Havanna niemand, was Obama eigentlich tun wird. Nur, dass überall Bewegung ist, kann man wahrnehmen. Vor Barbara Torres’ Haus hält ein Kleinlaster, ein Malertrupp springt heraus und pinselt die Pfosten der Halteverbotsschilder neu gelb an. Am Tag zuvor waren auf dem Malecón, Havannas berühmter Uferpromenade, die Maler unterwegs – die Bordsteine wurden neu schwarz-weiß angemalt. Ein Signal für alle, die das sehen: Hier kommt er vorbei.

Aber außer, dass Obama ein Baseballspiel besuchen würde – Einlass nur für ausgewählte Besucher – war über den Besuch nichts bekannt.

Seit Mittwochabend wussten dann zunächst die US-Medien recht genau, was Obama tun wird. Sonntag Ankunft und Rundgang in der Altstadt, Montag Kranzniederlegung am Denkmal für José Martí und Gespräch mit Präsident Raúl Castro, anschließend Treffen mit kubanischen Unternehmern, Abends Staatsempfang im Palast der Revolution. Am Dienstag früh wird Obama vor geladenen Gästen eine Rede ans kubanische Volk halten, die auch live im kubanischen Fernsehen ausgestrahlt wird. Anschließend trifft er sich mit Vertretern von Opposition und Zivilgesellschaft, um dann schließlich dem Baseball-Freundschaftsspiel zwischen den Tampa Bay Rays und Kubas Nationalteam beizuwohnen.

In der kubanischen Presse steht davon am Donnerstag früh nichts. Stattdessen veröffentlicht die Parteizeitung Granma eine ganze Seite mit einer detaillierten Auflistung, welche Straßen zu welcher Zeit gesperrt sein werden, wo überall Parkverbote gelten und wie man die Zonen umfahren kann. Auch Barbara Torres’ Straße liegt auf der Route, wie sie es geahnt hatte.

Erst am Donnerstagnachmittag dann erfährt auch die kubanische Öffentlichkeit vom Programm des Präsidenten. Außenminister Bruno Rodríguez Parrilla gibt das Programm bekannt – Obamas Treffen mit der Opposition erwähnt er freilich nicht.

Dabei war die Woche geprägt von Gesten guten Willens und weiterer Annäherung. Die kubanische Regierung ließ vier politische Gefangene frei, die sofort Richtung USA das Land verließen. Am Donnerstag flog die erste Postmaschine direkt aus den USA nach Havanna. Die US-Regierung verkündete weitere Reiseerleichterungen für US-Amerikaner nach Kuba und – der wichtigste Punkt – dass Kuba künftig Finanztransaktionen in Dollar würde tätigen können. Das seit über fünf Jahrzehnten andauernde Wirtschaftsembargo erhält weitere Risse, aufgehoben aber ist es noch längst nicht.

Im Stadtbild tauchen schon seit dem „17D“, wie der 17. Dezember 2014 genannt wird, als Obama und Castro die Wiederaufnahme diplomatischer Beziehungen verkündeten, immer mehr US-Fähnchen auf – ein beliebtes Fotomotiv bei ausländischen Journalisten und Touristen. Was dieser Besuch allerdings bringen wird? Achselzucken. „Wir hoffen, dass sich alles weiter normalisiert,“ sagt ein Rikschafahrer in Camagüey, Kubas zweitgrößter Stadt. Auch er hat an seinem Fahrradtaxi die US-Fahne. Aber mehr fällt ihm nicht ein. Obama kommt, schaden kann das nicht.

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