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American PieStack friert weiter

■ Statt im sonnigen Süden ist NBA-Profi Jerry Stackhouse bei den Detroit Pistons gelandet

The day the music died

Noch nicht mal eine Woche ist Jerry Stackhouse bei den Detroit Pistons, und schon hat der 23jährige zweimal gegen seinen alten Klub gespielt. Dem 115:78 vom Samstag ließen die Pistons am Montag in Philadelphia ein wesentlich knapperes 96:92 gegen die 76ers folgen. Im Mittelpunkt stand natürlich Stackhouse, der im ersten Match gegen seine alten Kollegen 20 Punkte erzielte und dann an alter Wirkungsstätte mit 17 Punkten und einem fulminanten Block sechs Sekunden vor Schluß maßgeblich dazu beitrug, daß die Aufholjagd seines neuen Teams erfolgreich endete. Mit 21 Punkten hatte Detroit im dritten Viertel schon zurückgelegen, dann aber bewiesen, daß es nach dem spektakulären Tausch von Stackhouse und Eric Montross gegen Theo Ratliff und Aaron McKie schneller sein Gleichgewicht gefunden hat. Nach dem Block von Stackhouse, der den 94:94- Ausgleich verhinderte, sicherte Joe Dumars mit zwei Freiwürfen den Sieg der Pistons, an dem, wie fast immer, Grant Hill mit 22 Punkten, 10 Rebounds und 8 Assists den größten Anteil hatte.

Ihn zu entlasten ist die vordringlichste Aufgabe des Neuzugangs. Detroit war nach der Verpflichtung des Centers Brian Williams von den Chicago Bulls mit großen Ambitionen in die Saison gegangen, hat jedoch bisher lediglich eine Bilanz von 13:15 Siegen zustandegebracht. Viel zu wenig, meint Coach Doug Collins, der sich durch die Integration von Stackhouse vor allem eine bessere Offensive, sprich: mehr Punkte erhofft: „Er nimmt eine Menge Druck von Grant Hill, weil er so explosiv ist. Wir können ihm den Ball zuwerfen, und er kann zum Korb ziehen.“

Stackhouse hört diese Worte mit Genugtuung, obwohl er eigentlich lieber in wärmere Gefilde gewechselt wäre. „Wenn ich die Wahl gehabt hätte, wäre ich nach Phoenix, Miami oder San Antonio gegangen“, gab er freimütig zu, aber er kann auch mit dem frostigen Detroit leben – zumindest vorläufig. Im nächsten Sommer wird er free agent und dann vermutlich ohnehin bei einem der genannten Teams landen.

„Um mein Potential zu erfüllen, ist es am besten, wenn ich in einer Mannschaft spiele, wo man sich den Ball teilt“, meint Stackhouse. In Philadelphia, wo der hochgelobte dritte Draft- Pick des Jahres 1995 eigentlich den Grundstein für ein Team der Zukunft bilden sollte, war das nicht mehr der Fall, als ein Jahr später der egozentrische Allen Iverson kam. Der verteilt zwar auch Assists, am liebsten macht er die Körbe jedoch selbst. Schon bald klagte Stackhouse über zuwenig Ballkontakte, und auch der neue Coach Larry Brown konnte die beiden nicht unter einen Hut bringen. „Es hat einfach nicht funktioniert“, mußte der Ex-Trainer der Indiana Pacers einsehen, ein Trade wurde unvermeidlich.

Daß es nicht Publikumsliebling Iverson sein würde, der gehen muß, machte 76ers-Präsident Pat Croce früh deutlich: „Dann würde ich nie wieder eine Eintrittskarte verkaufen können.“ Also Stackhouse, der sowieso durchblicken ließ, daß er keinen neuen Vertrag in Philadelphia unterschreiben werde. „Stack ist ein großartiger Basketballspieler“, kommentierte Iverson den Trade, „aber so ist es wahrscheinlich besser für ihn. Und es ist eine bessere Situation für uns.“

Das bleibt abzuwarten. Iverson jedenfalls spielt seit dem Abgang seines bevorzugten Paßempfängers eindeutig schlechter als zuvor, am Montag gegen Detroit trafen von seinen 17 Würfen nur zwei. Stackhouse indes hält es nicht für ausgeschlossen, daß die Philadelphia 76ers, die mit ihm gerade sechs Siege in der laufenden Saison schafften, ohne ihn erfolgreicher sein könnten: „Sie haben eine Menge Talent. Manchmal macht nicht die Addition eines Spielers den Unterschied, sondern die Subtraktion.“ Bei den Detroit Pistons, da kann man sicher sein, ist es die Addition. Matti Lieske

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