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Archiv-Artikel

Stabile Erträge – sogar im Alter

Solarzellen unterliegen üblicherweise einem Alterungsprozess. Das kann mit sinkenden Erträgen einhergehen. Die Wissenschaft hält diese Gefahr allerdings für gering – vorausgesetzt, die Module wurden korrekt installiert. Physikalisch gebe es eigentlich keinen Grund für eine Degradation

VON BERNWARD JANZING

Die meisten Anbieter von Solarfonds glauben an die uneingeschränkte Ertragskraft ihrer Solarmodule – zumindest offiziell in ihren Prospekten. Das soll auch nach 20 Jahren noch so sein. Denn Forscher sind sich einig, dass bei den heutigen Standardpaneelen kein nennenswerter Leistungsverlust stattfindet.

Vor einigen Jahren war man sich da nicht so sicher. Ulrike Jahn, Mitarbeiterin am Institut für Solarenergieforschung Hameln/Emmertal (ISFH), wertete einige hundert Anlagen in ganz Deutschland unter dem Aspekt der Ertragsstabilität aus. Ihr Fazit: Die frühen Anlagen, die bis 1994 installiert wurden, zeigten nach einigen Jahren einen Rückgang der Ausbeute von etwa zehn Prozent. Hingegen zeigten neuere Anlagen, die ab 1997 ans Netz gingen, diesen Ertragsrückgang nicht mehr.

Die Erhebung bezieht sich allerdings auf das Gesamtsystem Solaranlage und nicht allein auf die Module. „Ein wesentlicher Grund für die konstanteren Erträge ist die bessere Qualität der heutigen Wechselrichter“, sagt Wissenschaftlerin Jahn. In welchem Maße der mit einer Alterung einhergehende Ertragsverlust der Module bei den frühen Anlagen eine Rolle spielte – genannt Degradation –, werde erst eine weitere Studie zeigen.

Nach allem, was die Wissenschaft inzwischen weiß, gibt es heute praktisch keine Leistungsabnahme mehr – sofern die Anlagen korrekt installiert werden. „Die Module selbst sind extrem beständig, aber mitunter führen Montagefehler zu Leistungseinbußen“, weiß Rolf Hanitsch, Energietechniker an der Technischen Universität Berlin. Das größte Risiko sind also mögliche Schlampereien der Installateure – etwa wenn Anschlussdosen nicht richtig abgedichtet wurden.

Die Zellen selbst zeigen trotz stetiger Sonnenexposition keinerlei Zerfallserscheinungen, es sei denn, es dringen Schmutz und Feuchte in die Module ein. So kann einzig und allein eine mangelhafte Verkapselung der Module – also Risse im Rahmen oder zerfallende Dichtungen – die Erträge mindern. Wenn sauber gearbeitet wurde, machten schon die Solarmodule der ersten Generation keine Probleme, weiß Hanitsch: „Wir haben bei uns Module auf dem Dach, die sind über 30 Jahre alt und zum Teil noch einwandfrei.“

Auch Klaus Kiefer, Wissenschaftler am Freiburger Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE), kann Positives vermelden: Man habe bei einer langjährigen Detailvermessung von mehreren Solaranlagen „keine Degradationseffekte feststellen“ können. Allerdings zeigte die Analyse von Daten aus dem 1.000-Dächer-Programm auch, dass zumindest in den frühen Zeiten der Photovoltaik auch minderwertige Module auf dem Markt waren. Denn bei einem Viertel der betrachteten Anlagen gab es Moduldefekte zu vermelden – nahezu alle Störungen betrafen jedoch ein einziges Modell des damaligen Herstellers AEG/DASA.

Derartige Ausfälle gelten heute längst als ausgeschlossen, nachdem die Hersteller ihre Produkte massiven Tests unterziehen. Unter den Verfahren zur beschleunigten Alterung gilt der „Damp-Heat-Test“ als der härteste. Bei diesem werden die Module über einen Zeitraum von 1.000 Stunden (also rund sechs Wochen) einer Umgebung von 85 Grad Celsius und 85 Prozent Luftfeuchtigkeit aussetzt. Die Leistung darf am Ende maximal um fünf Prozent niedriger liegen als zuvor. Ein weiterer Test ist der Stresstest, der Temperaturschwankungen zwischen 85 Grad und minus 40 Grad umfasst. Ob mono- oder polykristalline Zellen – die heutigen Module überstehen diese Tests gut. Und Rolf Hanitsch weiß: „20 oder 25 Jahre Beständigkeit sind für Module mit kristallinen Siliziumzellen keine Hexerei.“

Eine andere Situation ergibt sich bei manchen Dünnschichtzellen. Amorphe Siliziumzellen zum Beispiel zeigen eine deutliche Anfangsdegradation, die Bernd Rech vom Forschungszentrum Jülich auf „zehn bis dreißig Prozent je nach Typ und Hersteller“ angibt. In den ersten 100 Stunden finde die Degradation sehr stark statt, nach 1.000 Sonnenstunden sei sie weitgehend abgeschlossen. Dieser Effekt, der darauf beruht, dass das erste Sonnenlicht Defekte im Halbleitermaterial generiert, ist unvermeidbar. Doch diese Degradation ist für den Käufer nicht relevant, da die Hersteller immer die stabilisierte Leistung angeben. Und diese ändert sich dann auch beim jahrelangen Einsatz nicht mehr. Auch bei Dünnschichtzellen aus Cadmium-Indium-Diselenid (CIS) sehen sich die Wissenschaftler auf der sicheren Seite: „Physikalisch gibt es keinen Grund für eine Degradation“, sagt Hansjörg Gabler vom Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung (ZSW) in Stuttgart. Es spreche nichts dagegen, CIS-Module zu fertigen, die 40 Jahre lang konstante Leistung liefern.

So zweifelt heute kein Forscher mehr an der Langzeitstabilität der gängigen Solarmodule. Und in Forschung und Wissenschaft ist man sich längst sicher, dass die Module noch erheblich länger Strom erzeugen werden, als jene 20 Jahre, die man heute üblicherweise kalkuliert. Das dürften auch die Hersteller sich bald für einen Marketingschachzug zunutze machen, vermutet Rolf Hanitsch von der TU Berlin: „Über kurz oder lang wird jemand auf seine Module 30 Jahre Garantie geben.“