Staatsanwalt ermittelt: Bürgermeister muss Presse dulden

Northeims SPD-Bürgermeister hat versucht, die Berichterstattung über eine Beförderungsaffäre zu verhindern.

Vor Gericht gegen die Lokalpresse unterlegen: Northeims Bürgermeister Harald Kühle. Bild: Hubert Jelinek

GÖTTINGEN taz | Der Northeimer Bürgermeister Harald Kühle ist vor Gericht mit dem Versuch gescheitert, eine einstweilige Verfügung gegen die Lokalzeitung zu erwirken. Die Hessisch-Niedersächsische Allgemeine hatte über einer Beförderungsaffäre berichtet, wegen der jetzt auch die Staatsanwaltschaft Göttingen gegen den SPD-Politiker ermittelt.

Kühle hatte seinen Stellvertreter Gerd Dodenhöft im Frühsommer zum städtischen Oberrat befördert. Der Landkreis Northeim betrachtet die Beförderung als rechtswidrig, weil dem Rathaus-Vize einige Qualifizierungen fehlen. Der Bürgermeister reagierte mit der Einleitung eines Disziplinarverfahrens gegen sich selbst und regte eine Überprüfung der Vorwürfe durch eine neutrale Stelle – etwa den Niedersächsische Städtetag – an. Die Beförderung selbst hielt er weiter für rechtens.

Nach dem Erscheinen erster Artikel in der Hessisch-Niedersächsischen Allgemeinen beantragten Kühle und Dodenhöft im Oktober eine einstweilige Verfügung gegen die Berichterstattung des Blattes.

Nachhilfe in Demokratie

Das Amtsgericht Northeim wies diesen Antrag jetzt zurück. Die Feststellungen des Landkreises seien in wesentlichen Bereichen „eindeutig und unmissverständlich formuliert“ und durch die Antragsteller nicht widerlegt worden, hieß es in der Begründung. Das Amt des stellvertretenden Bürgermeisters stelle ein politisches Amt dar, deshalb dürfe es der Presse nicht untersagt sein, über die Vorgänge zu berichten – „auch unter Berücksichtigung der Persönlichkeitsrechte“ von Dodenhöft. „Vielmehr“, so das Gericht, „ist hier der in einer Demokratie übliche Weg zu beschreiten, der darin besteht, dass die Antragsteller die Dinge aus ihrer Sicht darstellen und argumentativ überzeugend darlegen, dass der Beurteilung des Landrates vom 17. Oktober nicht gefolgt werden kann.“ Auf Deutsch: Gegen in der Presse erhobene Vorwürfe müssen Kühle und Dodenhöft sich auch in der Presse wehren. Die Justiz ist nicht zuständig.

Ermittlungen gegen Kühle

Am vergangenen Freitag gab die Göttinger Staatsanwaltschaft bekannt, dass sie nun prüft, ob Kühle sich strafbar gemacht hat. Erst im vergangenen Jahr hatte die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts der falschen eidesstattlichen Versicherung und der Urkundenfälschung ein Ermittlungsverfahren gegen Kühle eingeleitet – er soll in einem Rechtsstreit um den NPD-Landesparteitag in Northeim ein Sitzungsprotokoll nachträglich geändert haben. Das Verfahren wurde später eingestellt.

Von den politischen Gegnern hagelt es nun Rücktrittsforderungen. Kühle sei seinem Amt nicht mehr gewachsen, meint die CDU-Stadtratsfraktion. Offiziell dauert Kühles Amtszeit noch bis 2014. Erst vor wenigen Wochen hatte er angekündigt, dann erneut antreten zu wollen.

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