Kommentar: St. Schicki
■ Warum die Hansestadt eben doch kein ganz normaler Eigentümer ist
Wo gestern noch die Volkshochschule Deutsch für Ausländer lehrte, sollen morgen betuchte Menschen unter der Glaskuppel speisen. Müßig, darüber zu lamentieren, dass es Menschen gibt, die mit mehr oder weniger sinnlosen Dingen so viel Geld verdienen, dass sie in riesigen, schicken und auch noch städtischen Wohnungen wohnen wollen. Geschenkt, die Wohnungen werden schon weggehen.
Müßig auch, sich über Investoren zu erbosen, die die Kommerzialisierung eines Stadtteils vorantreiben. Geschenkt, die bauen Wohnungen, die die Leute haben wollen und verdienen damit ihr Geld.
Damit die einen oder die anderen nicht vollkommen eigenständig das Gesicht dieser Stadt gestalten, gibt es die Bürokratie und die Stadt. Die hat so sinnvolle Einrichtungen wie Stadtentwicklungsbehörde, Sanierungsbeiräte, Stadtentwicklungsgesellschaft. Wozu eigentlich, wenn am Ende doch die Finanzbehörde den Ausverkauf nach Höchstgebot beschließt? Warum beklagen, dass viele Familien aus St. Georg wegziehen, wenn man eine Gelegenheit wie diese nicht nutzt, ihnen attraktiven und bezahlbaren Wohnraum zu schaffen? Weil sich die Stadt am Markt wie ein ganz normaler Eigentümer verhalten muss, wegen der leeren Kassen. Aber sie ist eben kein ganz normaler Eigentümer, sondern trägt Verantwortung. Für eine Stadt und für die Menschen, die in ihr leben.
Sandra Wilsdorf
Bericht auf S. 22
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