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Spuren des NSU in anderem MordfallBöhnhardts DNA bei Peggy gefunden

Im Juli 2016 wurde die Leiche des 2001 ermordeten Mädchens in Thüringen gefunden. Ermittler entdeckten nun DNA-Spuren des NSU-Terroristen.

Polizisten durchsuchen im Jahr 2001 ein Waldstück auf der Suche nach Peggy Foto: dpa

Berlin taz | Spektakulärer DNA-Fund im Mordfall Peggy K.: Das Polizeipräsidium Oberfranken und die Staatsanwaltschaft Bayreuth bestätigten am Donnerstagabend, dass am Fundort der Leiche des 2001 getöteten Mädchens DNA-Spuren des NSU-Terroristen Uwe Böhnhardt gefunden wurden. Die damals neunjährige Peggy K. war 2001 im bayerischen Lichtenberg auf ihrem Heimweg von der Schule verschwunden. Der Fall blieb jahrelang ungeklärt.

Erst am 2. Juli 2016 wurde ihre Leiche von einem Pilzsammler in einem Thüringer Wald gefunden, 15 Kilometer von Lichtenberg entfernt. An dem Fundort hätten sich „zahlreiche Spurenträger“ befunden, so Polizei und Staatsanwaltschaft in ihrer Mitteilung. Bei einer aktuellen Auswertung sei nun die Böhnhardt-DNA entdeckt worden.

„In welchem Zusammenhang diese DNA-Spur gesetzt wurde, wo sie entstanden ist und ob sie in Verbindung mit dem Tod von Peggy K. steht, bedarf weiterer umfassender Ermittlungen in alle Richtungen“, erklärten die Behörden. Möglich ist auch eine Verunreinigung der DNA-Probe. Das Skelett von Peggy K. und die Leiche Böhnhardts wurden beide im rechtsmedizinischen Institut Jena untersucht.

Die NSU-Rechtsterroristen Böhnhardt, Uwe Mundlos und Beate Zschäpe lebten von 1998 bis 2011 versteckt in Wohnungen in Chemnitz und Zwickau. Ihnen werden Morde an neun migrantischen Gewerbeleuten und einer Polizistin vorgeworfen, dazu zwei Sprengstoffanschläge und 15 Raubüberfälle.

Böhnhardt stand bereits im Verdacht, im Juli 1993 an der Ermordung des damals neunjährigen Schülers Bernd B. in Jena beteiligt gewesen zu sein. Bis heute ist dafür kein Täter verurteilt. In der Nähe der Leiche von B. hatten Ermittler einen Außenbordmotor gefunden. Dieser gehörte Enrico T., einem Jugendfreund Böhnhardts. T. behauptete, der Motor sei ihm vor der Tat Mord gestohlen worden und beschuldigte Böhnhardt des Diebstahls und Mordes an B.. Im NSU-Komplex wird Enrico T. vorgeworfen, an der Beschaffung der Ceska-Tatwaffe beteiligt gewesen zu sein, mit der die neun Migranten erschossen wurden.

Mehmet Daimagüler, Anwalt der Familie der Nürnberger NSU-Opfer Abdurrahim Özüdoğru und Ismail Yaşar, forderte noch am Donnerstagabend einen DNA-Abgleich an allen ungeklärten Tötungsdelikten seit 1990 durchzuführen, „besonders in Fällen, in denen Kinder oder Migranten Opfer sind“.

Für den Mord an Peggy K. wurde 2004 der geistig beeinträchtigte Deutschtürke Ulvi K. verurteilt. In einem Wiederaufnahmeverfahren wurde er 2014 freigesprochen.

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7 Kommentare

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  • Beate Z. an das sächsische LKA übergeben, sie entkommt, wird aber dann irgendwie von CIA Verhörspezialisten gefangengenommen und die bringen dann in Guantanamo Licht ins Dunkel.

  • 1G
    14651 (Profil gelöscht)

    Völlig zusammenhangslos kommen mir da folgende Infos in den Kopf:

     

    https://www.theguardian.com/uk-news/2014/dec/18/police-claims-vip-sex-ring-murder-three-boys

    https://www.washingtonpost.com/news/morning-mix/wp/2014/07/07/a-big-political-cover-up-of-1980s-pedophile-ring-in-u-k-parliament/

    https://de.wikipedia.org/wiki/Marc_Dutroux

     

    -> "Laut der ZDF-Reportage Die Spur der Kinderschänder – Dutroux und die toten Zeugen[8] von 2001 verstarben während der Ermittlungszeit nach Dutrouxs Verhaftung 27 Zeugen, die im Prozess aussagen wollten. Der Staatsanwalt Hubert Massa beging im Juli 1999 Suizid. Doch konnte kein eindeutiges Motiv geklärt werden. Es ist nicht auszuschließen, dass die Zeugen umgebracht wurden, um sie zum Schweigen zu bringen.[9]"

     

    Dann hab ich mir auch grad mal den Manfred Götzl (Vorsitzender NSU-Prozess)-Wikipedia-Artikel durchgelesen und schaut mal was da (einen Klick weiter) rauskommt:

     

    "Am 2. Mai 2007 wurden in der Wohnung von Charlotte Böhringer DNA-Spuren (J73.03.3) gesichert, die mit Spuren im Fall Ursula Herrmann identisch sind. Wie es dazu kam, ist bis heute nicht geklärt.[12] Diese den Angeklagten entlastende Spur wurde vom Gericht nicht zugelassen und gilt als durch das Labor „verunreinigte Spur“.[13]"

     

    Zufälle über Zufälle, kaum auszuhalten. Ein klarer Fall von "Eyes Wide Shut" wie "die Öffentlichkeit" hier "den Fall NSU" sieht, meines Erachtens nach...

  • Stimmt so nicht ganz. Nicht "am Fundort der Leiche" wurden DNA-Spuren gefunden (so was ist technisch bisher nicht möglich, so weit ich weiß), sondern in einem Labor. In einem Labor, in dem es durchaus zu Verunreinigungen der "Spurenträger" gekommen sein kann.

     

    Aber spekulieren macht ja so viel mehr Vergnügen, als nur die nackten Tatsachen zu übermitteln. Vor allem dann, wenn es - wie in diesem Fall - eine richtig große Genugtuung wäre, die eigenen Erwartungen bestätigt zu bekommen.

     

    Den Leuten im weißen Kittel kann es nur recht sein, wenn alles schon klar ist. Trifft ja auch keinen Lebenden. Allerdings schätze ich, "der geistig beeinträchtigte Deutschtürke Ulvi K." könnte ein traurig Liedlein singen über die Folgen von Vorurteilen und Spekulationen. Wie gut, dass er vermutlich gar nicht singen kann...

  • Wenn die Obduktionen im gleichen Institut stattgefunden haben, muss eine Kreuzkontamination sehr sorgfältig untersucht werden, bevor man zwei der größten Fälle des Jahrhunderts in einen Topf wirft. Sehr verführerische Schlagzeile, sicher möglich, aber das ist menschliches Versagen halt auch.

  • 3G
    36387 (Profil gelöscht)

    Mich wundert es sehr, dass offensichtlich die früheren Berichte über Kinderpornographie auf dem Computer von Beate Zschäpe heute von keinem Journalisten mehr erinnert werden. Aber "gut", die Staatsanwaltschaft Zwickau hat ja dieses Verfahren so schnell als möglich eingestellt ... Es ist alles unfassbar. Da gibt es konkrete Hinweise auf Kinderpornographie bei den Rechtsterroristen und nichts passiert ... Und heute wundern sich alle, dass DNA - Spuren gefunden werden. Und man behauptet, dass könnte auch eine Verunreinigung gewesen sein, liegt Böhnhard (gestorben 2011 !) etwa noch in Jena im Institut, dort wo 2016 (!) jetzt Beweismittel aus dem Fall Peggy untersucht werden? Zwickau liegt im Übrigen in Sachsen ... aber die dortige staatliche Arbeit ist ja weltberühmt und ich höre auf, sonst werde ich noch Weltverschwörungsparanoiker.

  • Beim T.Brandt gab es doch auch was mit Kindern.

  • 3G
    33523 (Profil gelöscht)

    Das ist ja unfassbar, dass ist so bizarr das kann man sich bald nicht ausdenken!

    Ein Kinderschänder-Nazi-Mörder. Hat eine gewisse Ironie, da Rechtsextreme ja gerne Kinderschänder als Vehikel für allerlei altertümliche Instrumente der Strafverfolgung und Bestrafung benutzen.