Sprungwunder aus den USA: Höflicher Zitteraal

Der US-Amerikaner JuVaughn Harrison hat Medaillenchancen im Hochsprung und Weitsprung. Das ist ziemlich ungewöhnlich.

Unorthodoxe Technik: JuVaughn Harrison schraubt sich in Tiokio über die Latte.

Unorthodoxe Technik: JuVaughn Harrison schraubt sich in Tiokio über die Latte Foto: Reuters/Fabrizio Bensch

Sie scheinen auch gute Manieren zu lehren an der Louisiana State University. Und nicht nur starkes Springen. JuVaughn Harrison, ein junger Mann mit wilden Rastalocken und Star seiner Hochschule, beginnt jede seiner Antworten ausgemacht höflich mit einem „Yes Ma’am“.

Ob er selbst es wie der Rest der Welt es als besonders empfinde, sowohl im Hochsprung als auch im Weitsprung als Kandidat für den Olympiasieg zu gelten? „Yes Ma’am. Jeder redet hier darüber, wie besonders das ist, das macht es auch für mich besonders“, sagt der 22-Jährige am Freitag in Tokio: „Aber eigentlich sind es einfach zwei Dinge, die ich zu tun liebe.“

Gerade ist er zum Auftakt der olympischen Leichtathletik­wettbewerbe von Tokio locker ins Hochsprungfinale gehüpft. Es folgt am Samstag die Weitsprungqualifikation, Sonntag geht es im Hochsprung um Medaillen, Montag folgt das Weitsprungfinale, das er als Zweiter der Weltjahresbestenliste problemlos erreichen sollte.

„Yes Ma’am“

Schon als Schüler startete JuVaughn Harrison in beiden Disziplinen. In jungen Jahren gilt Vielseitigkeit im Training als beste Voraussetzung für spätere Erfolge, warum also nicht? Ins Collegeteam der LSU holte ihn Coach Todd Lane allerdings wegen seiner Hochsprungleistungen. Es wurde Zeit, sich zu spezialisieren. Der Weitsprung sollte nur noch ein bisschen Balsam für die Sportlerseele sein. „Yes Ma’am. Der Coach wollte, dass ich nicht zu viel über den Hochsprung nachdenke“, so Harrison.

Zwei Jahre später ist das Sprungwunder die Sensation der US Trials. Harrison gewinnt beide Wettbewerbe und holt sich zwei Fahrkarten nach Tokio. Seine Bestleistungen hat er auf 2,36 Meter im Hochsprung und 8,47 Meter im Weitsprung geschraubt. Er ist doppelte Weltklasse dank eines granatenstarken linken Absprungfußes und fröhlicher Gelassenheit.

Seine Flüge sehen etwas kurios aus, eine Vorlage für Lehrbücher sind sie nicht. Wer ihn in der Luft zappeln sieht wie einen Zitteraal, kann nicht glauben, was dann auf der Anzeigetafel aufblinkt. Die Erklärung von Coach Lane im New York Intelligencer: „Du kannst alle möglichen Übungen machen, um beim Hochsprung hübscher auszusehen über der Latte. Aber der Schritt, der dich da hinaufkatapultiert, macht 95 Prozent deines Erfolges aus.“ Diesen letzten Schritt beherrscht JuVaughn Harrison wie kaum ein anderer, so viel steht fest.

Und er mache keine Dinge, nur um sie zu machen, erklärte Harrison mal. Wenn er etwas anpackt, dann richtig. „Ich wurde gut in beidem, und hier sind wir nun“, sagt er. Bei Olympia, auf der größtmöglichen Bühne, als Kandidat für zweimal Gold.

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